■ Deutschland Tagebuch: 23. August 1989: Kohl sucht Anschluss, Honecker hat Gallensteine
Der Tag: Die Botschaft der Bundesrepublik in Prag wird für den Publikumsverkehr geschlossen . Nach Ost-Berlin und Budapest ist dies schon die dritte dichtgemachte BRD-Vertretung. Im Lobkowitz-Palais auf der Prager Kleinseite halten sich inzwischen 140 DDR-Überdrüssige auf.
Der Westen: Bundeskanzler Kohl will mit Erich Honecker telefonieren und über eine Lösung des Flüchtlingsproblems sprechen. Er erklärt sich auch zu einem persönlichen Treffen bereit. Kohl möchte aber abwarten, bis sich der Staatsratsvorsitzende von seiner Gallensteinoperation erholt hat.
Der Osten: Die DDR kann sich nach Auffassung der SED das Risiko von politischen Reformen, wie sie in anderen Ostblockländern begonnen wurden, nicht leisten. In einem Vortrag im Radio-DDR sagte der SED-Ideologe Otto Reinhold: „Welche Existenzberechtigung sollte eine kapitalistische DDR neben einer kapitalistischen BRD haben? Natürlich keine.“
Schlagzeile in der taz:
„Bonner Botschaft in Prag geschlossen“
Schlagzeile in Neues Deutschland: „Bauarbeiter wetteifern um Termintreue und Qualität“ bd
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