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Kohl jenningert im Bundestag

Bonn (dpa) - Mit empörtem Widerspruch und tumultartigen Szenen hat die SPD-Opposition zum Auftakt der dreitägigen Haushaltsdebatte auf den Vorwurf von Bundeskanzler Helmut Kohl reagiert, mit ihren Äußerungen zur Gesundheitsreform „Volksverhetzung“ zu betreiben. Obwohl Kohl nach den Protesten der Sozialdemokraten den Ausdruck bedauerte, sprach SPD-Chef Hans-Jochen Vogel am Dienstag von einem „maßlosen Ausbruch“ des Kanzlers, der dessen Dialogunfähigkeit belege.

Vogel erklärte, es sei ohne Beispiel, daß ein Bundeskanzler einen Oppositionsführer und die größte Oppositionsfraktion mit einem Ausdruck belege, der ihn an die Zeit vor 1933 erinnere. Vogel forderte den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Alfred Dregger auf, sich für das Kanzlerwort zu entschuldigen, da die Unionsabgeordneten den Begriff der Volksverhetzung mit stürmischem Beifall bedacht hätten.

Die Debatte war bis dahin mit nicht aus dem Rahmen fallenden Auseinandersetzungen über die Regierungspolitik und gegenseitigen Vorwürfen weitgehend nach der Rollenverteilung von Regierung und Opposition verlaufen. Während Redner der Koalition wie Kohl, Dregger und Otto Graf Lambsdorff eine positive Bilanz der Koalitionspolitik zogen, kreideten Sprecher der SPD und der Grünen der Regierung Fehler in nahezu allen Bereichen an. Vogel erneuerte aber auch sein Angebot der Zusammenarbeit bei der Reform der Alterssicherung.

Kohl reagierte allerdings mit Schärfe auf Vorwürfe Vogels an die Adresse der Union. Vogels Beschreibung der CDU in einigen Bundesländern bezeichnete er als Diffamierung und Herabsetzung des politischen Gegners. In Niedersachsen betrieben die Sozialdemokraten eine „Hetzkampagne“ gegen den CDU-Ministerpräsidenten Ernst Albrecht mit dem Ziel, die dortige Regierung zu stürzen, um im Bundesrat die Mehrheit zu erreichen.

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