Kölner Haie in der Krise: Ende der Kufenshow
Hire and Fire als Konzept: Rupert Meister ist schon der dritte Trainer der Kölner Haie in dieser Spielzeit. Der Eishockey-Vizemeister leidet an schwerer Lust- und Formlosigkeit.
KÖLN taz An die schönen Tage im April erinnern sie sich gern in Köln. Da lieferten sich die Kölner Haie und die Eisbären Berlin herrliche Finalspiele um die Eishockey-Meisterschaft. Die Begegnungen waren schnell, hart umkämpft und hatten für deutsche Verhältnisse ein recht hohes technisches Niveau. Die Eisbären feierten schließlich durch einen Treffer in der Verlängerung die Meisterschaft. Aber auch die Haie fühlten sich wie Champions. "Ich bin stolz auf diese Mannschaft", jubilierte der damalige Haie-Trainer Doug Mason.
Wie sich die Zeiten ändern können! Während die Eisbären ihre neue, moderne Halle bezogen haben und einem größeren Publikum weiterhin eine flotte Kufenshow bieten, befinden sich die Kölner in einer schweren Herbstdepression. Aufgrund chronischer Erfolglosigkeit warfen sie am Dienstag bereits zum zweiten Mal in dieser Saison den Trainer raus. Im September hatten sie den Kanadier Mason entlassen, da das Haie-Team mit sieben Niederlagen in Serie in die Spielzeit der Deutschen Eishockey-Liga gestartet war. Am Dienstag musste Masons Nachfolger und ehemaliger Assistent Clayton Beddoes dran glauben. Der brave Kanadier wurde gefeuert, da auch er die Kölner Profis nicht zu besseren Leistungen motivieren konnte. Nächster Mann auf dem Kölner Schleudersitz ist der Landshuter Rupert Meister, der zuvor die KEC-Junioren coachte und außerdem Torwarttrainer der Profis war. Meister sei der richtige Mann, um den Profis wieder "ehrliches und einfaches Spiel" zu vermitteln, erklärte Manager Rodion Pauels.
Keine leichte Aufgabe: Der neue Coach Meister bekommt es mit alten Herren zu tun wie Stéphane Julien (34), Todd Warriner (34), Dave McLlwain (41) oder Mirko Lüdemann (35), die zwar im April noch um die Meisterschaft spielten, in dieser Spielzeit aber nicht in Form kommen. Einigen geht offensichtlich die Luft aus, andere präsentieren sich lustlos - sehr zum Ärger des Managers. Was die KEC-Mannschaft in letzter Zeit gezeigt habe, sei ein "absoluter Witz" gewesen und "peinlich", schimpfte er. "Mit der Sportart Eishockey hatte das oft nicht viel zu tun. Wie auf dem Campingplatz" seien einige aus ihren Autos gestiegen, wenn sie zum Training kamen.
Was Pauels nicht sagte: Die Haie befinden sich in einer sehr problematischen Situation. Nur auf dem zwölften DEL-Tabellenrang liegt der achtmalige Eishockey-Meister - weit entfernt von den Plätzen eins bis sechs, die zur direkten Qualifikation für die Play-offs führen. Die Teilnahme an der DEL-Endrunde haben die Kölner in ihren Etat fest eingeplant. Es geht um viel Geld. Die Zuschauerzahlen in der Kölnarena sind ohnehin schon rückläufig, bisher kamen im Schnitt 10.799 Besucher zu den Haie-Heimspielen, das sind pro Partie gut 1.500 Zuschauer weniger als im Vorjahr. Die dadurch verursachten finanziellen Einbußen werden bereits auf 450.000 Euro geschätzt. Aufgrund der wirtschaftlichen Finanzlage kann sich der KEC somit keinen erfahrenen Trainer leisten. Und so müssen die Kölner hoffen, dass sich Meister als Naturtalent erweist und aus dem heterogenen Haie-Haufen ein Team formt, das auch den Klub-Mäzen Heinz Hermann Göttsch wieder erfreut.
Was passiert, wenn ein Alleingesellschafter den Spaß am Eishockey-Sport verliert, zeigt das bedrohliche Beispiel des Liga-Konkurrenten Nürnberg Ice Tigers. Nachdem Mäzen Günter Hertel nicht mehr bereit war, Deckungslücken im Etat zu schließen, musste der Klub jüngst die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen.
So schlimm steht es um die Haie noch nicht, trotzdem erscheinen die schönen April-Tage in diesen düsteren Zeiten wie ein Traum. CHRISTIANE MITATSELIS
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