Köln gegen Wolfsburg: Held ohne Perspektive

VFL-Stürmer Helmes ist Mann des Spiels und beschert seinem Ex-Klub Köln einen bitteren Abend. Doch trotz zweier Tore für Wolfsburg muss er um seinen Platz bangen.

Gutes Feedback: Salihamidzic bejubelt Helmes. Bild: dapd

KÖLN taz | Milivoje Novakovic schlich leise fluchend in den Kabinentunnel, vorzeitig vom Feld geschickt mit einer Gelb-Roten Karte. Kurz vorher, in der 78. Minute, hatte der Stürmer des 1. Köln eine von nur zwei wirklich guten Chancen vergeben, seine Mannschaft im ersten Spiel der Saison vor der ersten Niederlage zu bewahren.

Novakovic scheiterte an Torwart Diego Benaglio. Dem VfL Wolfsburg gelangen noch zwei weitere Treffer zum 3:0-Sieg. Viele der 47.000 Zuschauer bekamen es nur noch durch die Lautsprecheransage mit. Ernüchterung hatte sich in Köln breitgemacht – wieder einmal.

Stale Solbakken, erster norwegischer Trainer in der Bundesliga, will die Pfiffe, die es schon lange vorm Schlusspfiff, aber ganz laut danach gegeben hatte, nicht mitbekommen haben. Solbakken muss im Tunnel gewesen sein, wie Sportler es manchmal sagen, im Tunnel des Schreckens.

Mit Ausnahme einer Viertelstunde, die mit dem Platzverweis für Novakovic endete, dominierte Wolfsburg das Spiel. Die Kölner Defensive machte es den Niedersachsen recht einfach. Beim ersten Tor legte der wegen seiner vielen individuellen Fehler schon ganz früh ausgepfiffene Kevin Pezzoni den Ball für Patrick Helmes vor (17.).

Da dem Stürmer, der es früher in Köln zum Nationalspieler brachte, in der fünften Minute der Nachspielzeit noch ein zweiter Treffer gelang, wurde er zum Mann des Tages. Trainer Felix Magath hatte ihm überraschend den Vorzug vor Srdjan Lakic gegeben und dies mit der Kölner Vergangenheit und der damit verbundenen "besonderen Motivation" begründet.

Ergebnis: 0:3 (0:1)

1. FC Köln: Rensing - Brecko, Geromel, Pezzoni (83. Roshi), Eichner (46. Peszko) - Lanig, Riether - Chihi (88. Andrézinho), Jajalo - Podolski - Novakovic

VfL Wolfsburg: Benaglio - Hasebe (84. Schulze), Kjær, Russ, Schäfer - Träsch, Josué - Ochs (81. Madlung), Salihamidzic (75. Schindzielorz) - Helmes, Mandzukic

Schiedsrichter: Gräfe (Berlin)

Zuschauer: 47.000

Tore: 0:1 Helmes (17.), 0:2 Schäfer (85.), 0:3 Helmes (90.+3)

Gelbe Karten: - / Hasebe (1), Mandzukic (1), Ochs (1), Russ (1), Schäfer (1)

Gelb-Rote Karten: Novakovic (80./Unsportlichkeit) / -

Beste Spieler: Geromel / Kjær, Schäfer, Helmes

"Ich hatte eine gute Vorbereitung und bin froh, dass ich eine Chance bekommen habe", sagte Helmes. "Ich war eher überrascht, dass ich nach der guten Vorbereitung nicht schon im Pokal gespielt habe."

Wolfsburg sucht neuen Stürmer

Aber seine Top-Leistung an diesem Abend schützt ihn nicht vor Frust. So geht das Gerücht, dass Patrick Helmes auf der Verkaufsliste steht. Der will davon nichts wissen: "Das höre ich schon seit acht Wochen." Und beruft sich auf seinen noch drei Jahre gültigen Vertrag.

Verbrieft ist allerdings das starke Interesse des VfL Wolfsburg an Papiss Demba Cissé. Dessen Berater seien in Gesprächen mit den Niedersachsen, sagte der Senegalese, der beim SC Freiburg spielt, dem ZDF. Sollte er kommen, wäre Helmes erster Verkaufskandidat.

Die Bewertung seines Trainers wird ihn auch kaum zuversichtlicher machen, eine Zukunft beim VfL zu haben. Auf die Frage, ob Helmes nach seinen beiden Treffern einen Stammplatz sicher habe, antwortete Magath: "Was ist in dieser Welt schon sicher? Er muss jetzt mindestens das Niveau halten."

Die harte Hand des Trainers hatte nach dem peinlichen Pokalaus beim Viertligisten RB Leipzig auch Marcel Schäfer zu spüren bekommen. Magath entriss dem Verteidiger, der mit einem direkt verwandelten Eckstoß das 2:0 erzielte, die Kapitänsbinde.

Sie wird nun von Neuzugang Christian Träsch getragen. "Mich hat gestört, dass hier viele noch von der Meisterschaft 2009 geredet haben. Ich wollte damit auch zeigen, dass alles neu ist", begründete Magath den Schritt.

Kölns Coach selbstkritisch

Ganz anders als der VFL-Trainer gibt sich Stale Solbakken: Kölns Coach nahm die Schuld für die Niederlage auf sich. "Wir haben sehr große Fehler gemacht", sagte der große, schlanke Glatzkopf. "Es waren keine individuellen Fehler, sondern ein Fehlverhalten der Mannschaft. Deshalb übernehme ich die Verantwortung." Das war aller Ehren wert, doch es wird ihn im chronisch aufgeregten Köln nicht vor harscher Kritik schützen.

Solbakken bevorzugt ein 4-4-2-System, in dem die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen, gerade zwischen Abwehr und Mittelfeld, sehr gering sind. In der Theorie wird der Raum für den angreifenden Gegner ganz eng und der eigene Angriff dank Kurzpässen ganz schnell nach vorne getragen.

In der Praxis war das Spiel des FC so weit davon entfernt wie eine Freundschaft der Kölner Fans zu den Anhängern von Fortuna Düsseldorf. "In der ersten Halbzeit waren wir ängstlich, in der zweiten ein bisschen besser", sagte Solbakken, "aber es war nicht unser Tag."

Alles halb so wild, fand Michael Rensing. "Das ist ordentlich schiefgegangen, aber wir sollten das nicht überbewerten", mahnte der Kölner Torhüter, als tingele der 1. FC Köln noch im Vorbereitungsmodus über die Dörfer.

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