Köhler unterschreibt Netzsperren: Zensursulas später Sieg

Horst Köhler hat das Netzsperren-Gesetz unterschrieben. Er habe keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. AK Zensur kündigt Verfassungsbeschwerde an.

Ursula von der Leyen. Netz-Aktivisten nennen sie nur noch "Zensursula". Bild: ap

BERLIN afp/taz | Bundespräsident Horst Köhler hat am Mittwoch das umstrittene Gesetz zur Sperrung kinderpornografischer Inhalte im Internet (Zugangserschwerungsgesetz) unterzeichnet. "Es bestanden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken", die den Präsidenten an einer Ausfertigung des Gesetzes gehindert hätten, teilte das Bundespräsidialamt in Berlin mit.

Während der Debatte um das Gesetz hatten Bürgerrechtler immer wieder vor den verfassungsrechtlichen Unzulänglichkeiten, die ihrer Ansicht nach in dem Gesetz bestehen, gewarnt. "Wenn er keine Bedenken hat, ist das Köhlers Ansicht", sagt Alvar Freude von der Bürgerrechtsorganisation "AK Zensur", "Wir sehen das allerdings anders und haben ihm das auch mitgeteilt."

Die im AK Zensur mitwirkenden Juristen bereiten deswegen aktuell eine Verfassungsbeschwerde vor, denn: Mit dem Zugangserschwerungs-Gesetz werde erstmals in Deutschland eine Internet-Zensur-Infrastruktur gesetzlich verankert, die massiv in die Informations-, Rezipienten- und Meinungsfreiheit eingreife, so der AK Zensur in einer Presseaussendung.

Der AK Zensur unterstützte deswegen auch eine für 18 Uhr angesetze Kundgebung vor dem Schloss Bellevue, ursprünglich angeregt von Aktivisten aus dem Umfeld der Piratenpartei. Seit bekannt ist, dass Köhler das Gesetz unterschrieben hat, wurde das Twitter-Hashtag "Zensursula" schlagartig wieder sehr beliebt.

In der heute versendeten Erklärung des Präsidialamtes heisst es weiter, der Bundespräsident gehe davon aus, dass die Bundesregierung entsprechend ihrer Stellungnahme vom 4. Februar nun "auf der Grundlage des Zugangserschwerungsgesetzes" Kinderpornografie im Internet effektiv und nachhaltig bekämpfen werde.

Die Opposition will, dass das Gesetz mit dem Beschluss eines Aufhebungsgesetzes ganz vom Tisch kommt. Bereits am 25. Februar ist es Thema im Parlament. Linkspartei, Grüne und SPD haben Aufhebungsanträge gestellt.

Bereits im vergangenen Herbst war die Bundesregierung im Rahmen ihres Koalitionsvertrags von dem noch von der großen Koalition beschlossenen Vorhaben abgerückt, kinderpornografische Webseiten im Internet zu sperren. Geplant ist nun ein neues Gesetz zum Löschen kinderpornografischer Seiten, das das von Köhler jetzt unterzeichnete Gesetz ablösen würde. Details auch zum rechtlichen Vorgehen sind allerdings noch offen.

Der Chaos Computer Club (CCC) meint hierzu, dass "die kopflose Planlosigkeit der Bundesregierung" nur von ihren den eigentlichen Plänen ablenken soll. CCC-Sprecher Frank Rieger sagte am Mittwoch, man müsse "den Vorgang in Zusammenhang mit dem anstehenden Jugendmedienstaatsvertrag" sehen. Dieser werde wesentliche Teile des Zugangserschwerungsgesetzes auf Länderebene umsetzen. Offenbar wolle man mit der angekündigten Aufhebung des Gesetzes nur die Netzgemeinde "ruhig stellen", "während die verbohrten Zensurbefürworter auf Umwegen versuchen, ihr Ziel zu erreichen."

Am 22. Februar wird es im Petitionsauschuss eine von Aktivisten lang erwartete Anhörung zum Zugangserschwerungsgesetz geben: Dann wird die von Franziska Heine eingereichte E-Petition behandelt.

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