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Koalitionsverhandlungen in BerlinTürkischer Bund: "Das ist der leichte Weg"

Viel Enttäuschung gibt es über die Vereinbarungen der rot-schwarzen Koalition beim Thema Integration. Auch Fachpolitiker hätten mehr erhofft.

Die CDU lehnt den Doppelpass ab. Bild: AP

Er sei "insgesamt zufrieden mit dem Vereinbarten", so der integrationspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Raed Saleh, knapp. Viel mehr will er zu dem, was die Koalitionäre von SPD und CDU am Montag zu den Themen Arbeit, Soziales und Integration abgemacht haben, nicht sagen.

Die hatten nach langen Gesprächen auf der mehrmals verschobenen Pressekonferenz auch kaum Konkretes mitzuteilen: "Muslime gehören zu Berlin", hieß es da etwa wenig überraschend. Man wolle eine Integrationspolitik, die die Fürsorgepflicht für Einwanderer anerkenne, aber auch Probleme anspreche, hatte Thomas Heilmann (CDU) auf der Pressekonferenz gesagt. Heikle Themen wie das von der SPD geforderte kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger oder die Akzeptanz der doppelten Staatsbürgerschaft wurden auf später verschoben.

"Geht nicht um Teilhabe"

Da könne ja noch etwas passieren, hofft Ülker Radziwill, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Migration: "Bei Mehrstaatlichkeit und Wahlrecht muss die CDU noch mit sich reden lassen." Immerhin trügen die Christdemokraten das von der rot-roten Koalition beschlossene Partizipations- und Integrationsgesetz nun mit.

Hilmi Kaya Turan, Sprecher des Türkischen Bundes Berlin Brandenburg (TBB), ist von den Koalitionsplänen weniger angetan. Er sei "persönlich enttäuscht", sagte Turan der taz: "Es geht wieder nur um Integration, nicht um Teilhabe." Dabei seien die Einwanderer längst Teil dieser Gesellschaft: "Wir müssen jetzt die Probleme dabei lösen, sie an dieser Gesellschaft auch wirklich zu beteiligen." Dazu seien die Koalitionäre offenbar nicht bereit. Dass die CDU das Partizipationsgesetz akzeptiere, sei kein Trost: "Es geht nicht darum, das Erreichte zu bewahren, sondern weitere Schritte nach vorne zu tun", so Turan.

Zwar würden mit Emine Demirbüken (CDU) und Dilek Kolat (SPD), die beide als Senatorin für Arbeit und Integration gehandelt werden, nun "endlich auch Menschen mit Migrationshintergrund für verantwortungsvolle Positionen" ins Gespräch gebracht, sagte Turan. Doch die Finanzexpertin Kolat, die sich bisher beim Thema Integrationspolitik bewusst zurückhielt, "hätte auch andere Posten gebührend besetzen können". Das sei "wieder der leichte Weg: Menschen mit Migrationshintergrund werden für integrationspolitische Posten vorgesehen."

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7 Kommentare

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  • M
    Murat

    'Wer sich integrieren will, braucht keinen türkischen Pass'. Er/Sie braucht auch keinen deutschen Pass. Was hat denn auch die Bereitschaft eines Menschen, sich in einem Land zu integrieren, mit einem Fetzen Papier zu tun? Und warum besteht der deutsche Staat darauf, dass man den türkischen Pass abgibt, um deutscher Bürger werden zu können und die Möglichkeit zu haben, wählen zu gehen?

  • B
    broxx

    der Blödsinn geht weiter...

  • A
    Azad

    @ Hatem

    Da gebe ich dir vollkommend Recht, wer sich wirklich integrieren will braucht keine türkischen Pass.

     

    Es gibt viele Türken die nicht mal die deutsche Sprache lernen wollen. Daran ist der deutsch Staat Schuld, weil in den öffentlichen Gebäuden immer mehr neben Deutsch auch auf Türkisch geschrieben wird etc. Sind wir hier in Deutschland oder in der Türkei?

    Wieso sollte der Türke Deutsch lernen wenn er auch nur mit Türkisch gut leben kann?

     

    Der Türkische Bund möchte ja das Leben der Türken, die die Deutsche Sprache nicht lernen wollen, besser machen. Sie sollten lieber ihre Landsleute auffordern die Sprache zu lernen.

     

    Die die Schritte nach vorne treten müssen sind die Ausländer die sich nicht integrieren wollen und nicht der Staat, außer Flüchtlinge die kann man nicht auffordern sich zu integrieren wobei viele Flüchtlinge sich besser integrieren und besser Deutsch können als manche Türken die hier geboren sind oder ihre Eltern Gastarbeiter waren.

  • P
    Peter

    Sinnvoll wäre es sicher auch, den Zwangsunterricht in "Ethik" durch ein Wahlmodell Reli-Unterricht oder "Ethik" abzulösen.

  • H
    Hatem

    Wer sich integrieren will, braucht keinen türkischen Pass.

  • SB
    Sven Bleitgen

    Das Ergebnis zeigt meiner Meinung nur, dass auch den MigrantInnen in dieser Stadt nichts geschenkt wird. Aus der Geschichte (Arbeiterbewegung, Frauenbewegung, Umweltbewegung ..) muss man glaube ich lernen, für seine Rechte muss man gesellschaftlich streiten. Darauf zu hoffen, dass die herrschende Elite einem Geschenke macht, ist glaube ich eine naive Haltung. Erst wenn sich die MigrantenSelbstOrganisationen und andere bürgerschaftliche Intiativen, die die Chancen der Vielfalt für Berlin sehen, sich zu einem gemeinsamen Handeln zusammenfinden und politischen Druck machen, dann wird sich die Lethargie der politischen und gesellschaftlichen Elite auflösen lassen.

  • A
    aurorua

    Schon merkwürdig, für Italiener, Griechen, Spanier, kurz Westeuropäer gab es über Jahrzente null Diskussionen über Integration. Die Menschen haben von sich aus, ohne staatliche Hilfe, die Sprache gelernt, ihre Kinder angespornt sich in der Schule zu bemühen, in deutsche Famillien eingeheiratet und sich peu a peu in die hier üblichen Verhältnisse integriert.

    Wieso also staatliche Transferleistungen, kostspielige Integrationshilfen usw. usf. nur weil die Mehrzahl der z.B. türkischen Einwanderer sich selbst in Sachen Integration zurückhält, zum Teil in dritter Generation.