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Koalitionspolitiker fordern Profil

■ Lambsdorff kritisiert Gesundheitsreform als „Verteilung von sozialen Wohltaten“ / Geißler rät der CDU, den „Zeitgeist“ zu bestimmen und die Republikaner zu bekämpfen / JU fordert „neue Führungskraft“ in der CDU

Hamburg (dpa) - Innerhalb der Union und der Regierungskoalition kriselt es weiter. Spitzenpolitiker der Koalition ringen um mehr Profil und eine bessere Darstellung der Regierungspolitik. FDP-Parteichef Otto Graf Lambsdorff beklagte „mangelnde Entschlossenheit“. CDU-Generalsekretär Heiner Geißler forderte eine „profimäßige Darstellung der Regierungspolitik“. An die Adresse der FDP sagte Geißler, in der Familienpolitik werde sich die Union „keine Abstriche“ gefallen lassen, wenn es demnächst um die Gestaltung des Bundeshaushalts 1990 gehe.

Graf Lambsdorff hielt der Koalition vor, sie habe in den vergangenen Jahren „durch Verteilung von sozialen Wohltaten“ den Eindruck erweckt, „wir könnten uns das alles wieder leisten“. Als Fehler nannte der Graf in einem Sonntagsinterview die Gesundheitsreform, bei der mehr Selbstbeteiligung hätte durchgesetzt werden müssen, aber auch fehlende Fortschritte beim Subventionsabbau und bei der Entbürokratisierung.

Generalsekretär Geißler verlangte von der Union, daß sie ein deutliches Profil ihrer Politik zeige. Auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Oldenburg sagte Geißler am Sonntag ferner, die Union dürfe nicht dem Zeitgeist nachlaufen. Sie müsse ihn vielmehr bestimmen. Er warnte davor, die Partei zu einem „Kanzlerwahlverein“ zu degradieren.

Die CDU benötige eine bessere Schärfe ihres konservativen, christlich-sozialen und liberalen Profils, hatte Geißler bereits am Samstag nach einer Klausur der CDU Niedersachsens in Hannover gefordert. Die CDU werde eine harte und klare Auseinandersetzung sowohl mit der SPD als auch mit den „linksradikalen Grünen und den rechtsradikalen Republikanern“ führen. Mit den Republikanern gebe es keine Gemeinsamkeiten: „Wir werden sie bekämpfen.“

Mangelndes politisches Profil warf auch der Vorsitzende der Jungen Union, Christoph Böhr, der CDU vor und forderte neue Führungskraft. Auf dem Deutschlandtag der Nachwuchsorganisation sagte er am Samstag: „Durchhalteparolen greifen nicht mehr“.

Eine „Politik ohne geistige Klarheit“ und ein Anbiedern an die Wähler der rechtsgerichteten Republikaner warf der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Oskar Lafontaine den Unionsparteien vor. Die Union sei tief gespalten, schrieb Lafontaine in einem Beitrag für die Münchner „Abendzeitung“ (Montagausgabe). Der eine Teil fördere die Vorurteile sozial schwacher Bevölkerungsschichten gegen Ausländer mit Begriffen wie „Durchrassung“ und „Bevölkerungsgulasch“, während dagegen eine kleine Gruppe um Generalsekretär Geißler die „multikulturelle Gesellschaft“ bekräftige.

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