piwik no script img

Koalitionskrach in BayernFDP fühlt sich von Union hintergangen

Im Auftrag der Staatskanzlei gaben Meinungsforscher der CSU Tipps gegen die FDP. Die Opposition ist empört. Die Umfragewerte für die CSU sinken.

Steuert mit seiner CSU stürmischen Zeiten entgegen: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. Bild: reuters

MÜNCHEN taz | Die miserablen Zahlen von Schwarz-Gelb im Bund dürften CSU-Chef Horst Seehofer derzeit die kleinsten Sorgen bereiten. Was ist schon eine schwächelnde Bundesregierung gegen das Desaster, das die Union gerade in Bayern erlebt?

Unter 40 Prozent soll die CSU erstmals seit Jahrzehnten bei einer Umfrage gefallen sein, berichtete Bild. Aus Parteikreisen will die Zeitung von einer "geheimen Umfrage" erfahren haben, durchgeführt von einem "renommierten Hamburger Institut". Das bekannte Institut GMS dementiert gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: Diese Umfrage gebe es bei ihnen nicht. Auch CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagt, er kenne die Zahlen nicht. Die historisch schlechte Umfrage - ein Phantom, lanciert von den eigenen Parteifreunden?

Die Nerven liegen blank bei der CSU - schuld daran dürften vor allem Enthüllungen der Opposition sein. Die SPD hat nach einer Verfassungsbeschwerde drei bislang geheime, von der Bayerischen Staatskanzlei in Auftrag gegebene Meinungsumfragen veröffentlicht. Diese "Resonanzuntersuchungen" ließ sich die Staatskanzlei 108.000 Euro Steuergeld kosten. Das sei "verdeckte Parteifinanzierung", poltert SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Denn die Umfragen lesen sich, als seien sie für die CSU-Wahlkampfzentrale geschrieben, nicht für die schwarz-gelbe Landesregierung. In der Studie vom Dezember 2008, damals war bereits Horst Seehofer Ministerpräsident, raten die Meinungsforscher ganz offen: "Die Fokussierung der politischen Auseinandersetzung sollte auf SPD und Grüne, eventuell auch auf die FDP erfolgen, um die Freien Wähler nicht aufzuwerten."

Staatskanzleichef Siegfried Schneider habe diese "parteiorientierten CSU-Studien" geheim gehalten, empört sich SPD-Mann Rinderspacher. Offenbar wusste nicht einmal der eigene Koalitionspartner von den Machenschaften der Staatskanzlei. Die FDP-Mitglieder in der Regierung hätten die Berichte "mit großem Befremden" zur Kenntnis genommen, schreibt FDP-Fraktionschef Thomas Hacker in einem offenen Brief an Ministerpräsident Seehofer. Man sehe "die Grundlagen der Zusammenarbeit in der bayerischen Regierungskoalition berührt", so Hacker. Er fordert die Einberufung des Koalitionsausschusses und droht: "Sollten sich die Vorwürfe ganz oder teilweise bestätigen, halten wir personelle Konsequenzen für unvermeidbar."

Immerhin bekam die CSU für das Steuergeld realistische Einschätzungen präsentiert. "50 Prozent plus x sind für die CSU allenfalls mittelfristig erreichbar", schreiben die Meinungsforscher. "Diskussionen über konkrete Zahlen" sollten im Wahlkampf vermieden werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • OP
    Otto Pardey

    In erster Linie fühlen sich die Bürger bzw.Wähler

    von diesen skrupellosen,korrupten Polit-Heuschrecken

    hintergangen egal welcher Coleur!

    Was in Deutschland möglich ist,gibt es z.B.

    in Frankreich und United Kingdom nicht,

    da läßt man sich von Politikern nicht so ver-

    arschen!

    Abgesehen davon ist Deutschland ohnehin kein

    demokratischer Rechtsstaat bestenfalls

    nur noch in Spurenelementen vorhanden.