Koalitionen in NRW: Die Ampel zeigt nicht grün
Spekulationen über eine rot-grün-gelbe Koalition sollen SPD und FDP neue Perspektiven erschließen. Die Grünen winken ab. Für eine Ampel müsste sich die FDP "inhaltlich entkernen".
Ein kleiner Satz der SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft sorgt in Nordrhein-Westfalen für große Aufregung: Am Rande des SPD-Landesparteitags hatte Kraft den "Genossen in den Landschaftsverbänden" gedankt, weil sie "die Partei an eine interessante politische Perspektive" erinnerten.
In Erinnerung brachte die SPD-Landesvorsitzende damit eine Ampelkoalition: Im Landschaftsverband Rheinland, der Schulen, Krankenhäuser und Museen von überörtlicher Bedeutung betreibt, regieren SPD, Grüne und FDP schon seit fünf Jahren gemeinsam. Auch in Westfalen-Lippe dominiert seit dem Herbst eine Ampel. Weil zusätzlich durchsickerte, dass sich der aus NRW stammende FDP-Bundesgeneralsekretär Christian Lindner mit seiner SPD-Kollegin Andrea Nahles zu Geheimgesprächen getroffen hat, wird in Düsseldorf heftig über ein mögliches rot-grün-gelbes Bündnis spekuliert.
Grund dafür ist das Patt zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün. Nach einer aktuellen Umfrage des Instituts Forsa liegen SPD und Grüne erstmals vor CDU und FDP. Die Christdemokraten kommen wegen der Sponsoring-Affäre um verkaufte Gespräche mit ihrem Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers nur noch auf 38 Prozent der Stimmen, die FDP stagniert bei sechs Prozent. Die SPD verbessert sich um zwei auf 34 Prozent, die Grünen liegen bei elf Prozent. Auch die Linken kämen mit sechs Prozent sicher ins Landesparlament. Doch die Sozialdemokraten fürchten nichts mehr, als die laufende Rote-Socken-Kampagne der CDU neu zu füttern: SPD-Parteivize Jochen Ott wird gerade von seinen Genossen verprügelt - weil er sich mit der Landeschefin der Linken, Katharina Schwabedissen, zum Kaffee traf. "Völlig bekloppt und erschreckend unpolitisch" sei Otts Vorgehen, finden führende Sozialdemokraten - und sind deshalb auf der Suche nach neuen Machtoptionen.
Ungern sehen das nicht alle Liberalen. Der kleine linksliberale Flügel ist schon seit Wochen entsetzt über die Ausfälle von FDP-Chef Guido Westerwelle gegenüber Hartz IV-Empfängern. General Lindner propagiert schon seit Jahren einen "mitfühlenden Liberalismus". Und die Landtagsfraktion ärgert sich nicht nur über Rüttgers' Flirt mit den Grünen - auch die Schwäche der CDU sorgt die Liberalen. Wie desolat die Lage der Christdemokraten derzeit ist, zeigt die erste Aktion des neuen Generalsekretärs Andreas Krautscheid: Um Spione in der eigenen Parteizentrale zu enttarnen, holte Krautscheid die Staatsanwaltschaft ins Haus. Die Ermittler sollen klären, welche CDU-Mitarbeiter Mails kopiert haben und so immer wieder Skandale wie die Sponsoring-Affäre durchstechen.
Wenig begeistert von den rot-grün-gelben Spekulationen geben sich dagegen die Grünen. "Für eine Ampel müsste sich die FDP inhaltlich entkernen", so Parteichefin Daniela Schneckenburger zur taz. Gerade die Landtagsfraktion sei "marktradikal, nicht sozialliberal". Völlig ernst nimmt die Ampel-Diskussion deshalb nicht einmal die SPD: "Über die Ampel", sagt ein Landtagsabgeordneter, "entscheiden die Grünen".
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