Koalition im Saarland: Grün setzt sich durch
Die Union macht den Grünen programmatische Zugeständnisse. SPD-Landeschef Heiko Maas spricht derweil von Täuschung und Wahlbetrug.
SAARBRÜCKEN taz | Innerhalb der Saar-Grünen zollten sogar die Gegner einer Koalition mit CDU und FDP ihrem Partei- und Fraktionschef Hubert Ulrich Respekt: "Das Maximale" habe Ulrich bei den Sondierungsgesprächen mit Union und FDP für die Grünen herausgeholt, hieß es bei den rund 150 Delegierten des Parteitages am Sonntag anerkennend. Man habe "nie geglaubt", dass gerade die Union mit Ministerpräsident Peter Müller an der Spitze zu so weitreichenden inhaltlichen und personellen Zugeständnissen bereit sein werde. Das war wohl, neben der Wut auf Oskar Lafontaine und die Linke Saar, entscheidend für eine Zustimmung von 78 Prozent der Grünen-Delegierten, um Koalitionsverhandlungen mit CDU und FDP aufzunehmen."Mehr Grün geht nicht", war das Fazit von Ulrich. Er habe Ministerpräsident Müller und den Landes- und Landtagsfraktionsvorsitzende der FDP, Christoph Hartmann, eine schriftliche Zusage der bisherigen Absprachen abgerungen.
Auf diese Weise wird ein Großteil der grünen Programmatik im Bereich Schule und Hochschule Regierungspolitik werden: Abschaffung der Studiengebühren, Ganztagsschulen und Korrekturen beim achtjährigen Gymnasium (G 8) bis hin zum gemeinsamen Lernen bis zum 7. Schuljahr. Dazu ist allerdings eine Verfassungsänderung notwendig. Das fordern die Grünen auch bei der gesetzlichen Gleichstellung von Schwulen und Lesben.
Außerdem setzten sich die Grünen in der Energiepolitik umfassend durch. Großkraftwerke werden nicht mehr gebaut. Und Ministerpräsident Müller sagte überraschenderweise Ja zu einem Atomausstiegsgesetz - kurz vor dem grünen Koalitionsparteitag. Das sei "eine gute Sache", erklärte Müller, weil es Druck zur Umstellung auf erneuerbare Energien erzeuge. Zuvor hatte sich Müller immer für längere Laufzeiten für Atomkraftwerke in Deutschland ausgesprochen.
SPD-Landeschef Heiko Maas sagte, das Saarland werde "in den nächsten Jahren von einer Koalition regiert, die durch Wahlbetrug und Wählertäuschung zustande gekommen ist." Das Saarland habe "diese Regierung der Wahlbetrüger nicht verdient". Mit Blick auf die Linkspartei sagte Maas: "Es wird keine Koalition in der Opposition geben." Das Verhalten von Linke-Chef Oskar Lafontaine sei in den vergangenen Tage "absolut kontraproduktiv gewesen".
Die Grüne Jugend Saar, die mehrheitlich auf Rot-Rot-Grün gesetzt hatte, meldet Zweifel an. CDU und FDP hätten ihre Programme in den Sondierungsgesprächen "praktisch aufgegeben". Und das sei doch "demokratisch sehr bedenklich". Denn die Wähler von CDU und FDP müssten sich jetzt "verraten und verkauft" vorkommen. Deren Kopf allerdings wollten sich die meisten Delegierten der Grünen in Saarlouis dann aber doch nicht zerbrechen. Schließlich gab es zu der ganzen schönen Programmatik auch noch zwei Ministerien dazu: Umwelt komplett mit Energie, Verkehr, Naturschutz und Landesplanung sowie das Schlüsselressort Bildung. Und das alles für eine 5,9-Prozent-Partei mit gerade einmal drei Abgeordneten im Landtag. Grünes Herz, was willst du mehr!? Allerdings: Viele Vorhaben stehen unter Finanzierungsvorbehalt. Damit Jamaika an der Saar auch wirklich funktioniert, wird Schwarz-Gelb im Bund also monetär zubuttern müssen. Genau darauf hoffen alle neuen Koalitionäre an der Saar.
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