Klon-Tiere im Supermarkt: Dolly for Dinner
Die europäische Lebensmittelbehörde hat keine Einwände gegen eine Nutzung von Klon-Tieren zur Herstellung von Lebensmitteln. Bedenken kommen von der Bioethikgruppe der EU.
BERLIN taz | In den USA ist die Entscheidung gefallen: Geklonte Tiere dürfen dort zur Lebensmittelproduktion eingesetzt werden. Eine besondere Kennzeichnung von Klon-Produkten sei nicht notwendig, gab die US-Lebensmittelbehörde FDA Anfang dieser Woche bekannt. Ginge es nach der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA, könnte die EU den USA hier bald folgen. Ende letzter Woche legte die EFSA eine Stellungnahme vor, die zu dem gleichen Ergebnis kommt wie das FDA-Papier: Es gibt keine gesundheitlichen Risiken beim Genuss von Klonprodukten.
Bei ihrer Stellungnahme hat die EFSA nur Tiere berücksichtigt, die mit der Dolly-Methode hergestellt wurden. Das Erbgut einer ausdifferenzierten Körperzelle wurde in einer zuvor entkernte Eizelle überführt. Der daraus entstandene Embryo wird dann zum Austragen in ein Muttertier übertragen.
1996 kam das Schaf Dolly zur Welt. Seitdem wurde eine Reihe von Nutztieren mit dieser Methode gezeugt. 1998 kam das erste Rind. Im gleichen Jahr folgte die erste Ziege, im Jahr 2000 das Schwein und 2001 das erste Kaninchen. Seit 2003 werden auch Pferde geklont.
Allein in den USA wurden rund 570 geklonte Rinder hergestellt. Weltweit, so schätzt die EFSA, sollen es 4.000 Rinder und 1.500 Schweine sein. In den USA wird mit dem Samen von geklonten Tieren bereits gehandelt. Und britische Tierhändler sollen schon vor einem Jahr Embryonen von geklonten Tieren aus den USA bekommen haben.
Mit der EFSA-Stellungnahme sei noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden, versuchte eine EU-Sprecherin die Öffentlichkeit zu beruhigen. Das EFSA-Positionspapier sei vorerst nur ein Entwurf. Bis zum 25. Februar können Interessierte per Internet Stellungnahmen oder Kommentare dazu einreichen. Erst dann soll ein endgültiges Papier vorgelegt werden. Ob Klonprodukte in der EU zugelassen werden, und wenn ja unter welchen Bedingungen, werden letztendlich die EU-Kommission und die -Mitgliedstaaten entscheiden müssen.
Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) hat auch schon seine Bedenken über Klonfleisch geäußert. "Da habe ich sehr, sehr große Skepsis bis hin zur Ablehnung", sagte er anlässlich der Eröffnung der Grünen Woche in Berlin. "Auch Tiere sind Geschöpfe, deshalb habe ich eine hohe moralische Hürde", so Seehofer.
Unterstützung bekommt er von der Bioethik-Gruppe der EU. Die von der EU-Kommission eingesetzte "Ethikgruppe für Wissenschaft und neue Technologien" (EGE) äußerte "Zweifel, ob das Klonen von Tieren für die Lebensmittelproduktion ethisch gerechtfertigt ist". Das Bioethikgremium veröffentlichte am Donnerstag seine Stellungnahme zu den ethischen Aspekten von Klontieren und aus ihnen hergestellten Lebensmitteln.
Im Unterschied zur EFSA sind die Ethiker derzeit gegen eine Zulassung von Klontieren und -Produkten. Sie weisen darauf hin, dass geklonte Tiere häufig gesundheitlich beeinträchtigt sind. Auch die Erfolgsquote beim Klonen ist sehr gering. Ihr Fazit: Es gebe derzeit "keine überzeugenden Argumente, welche die Herstellung von Lebensmitteln von Klonen und ihren Nachkommen rechtfertigen".
Ein Problem ist zudem, dass nur wenige Daten für eine wissenschaftliche Bewertung vorliegen. So sind, seit 1996 das erste Klontier auf die Welt kam, das Schaf Dolly, weltweit nur rund 4.000 Kühe und 1.500 Schweine geklont worden. Bisher liegt auch noch keine Langzeituntersuchung, die einen ganzen Lebenszyklus eines Tieres betrachtet, vor. Für ihre Stellungnahme hatte die EFSA nur die Veröffentlichungen der Klonforscher zur Verfügung. Von einer unabhängigen Expertise kann daher auch keine Rede sein.
Die EU steht unter Zeitdruck. Denn die FDA-Strategie sehe eine Markteinführung schon für das Jahr 2010 vor, gab die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" bekannt. Auf den Markt kommen sollen zuerst Tiere, deren Eltern Klontiere sind. Erwartet wird auch, dass vor allem ein Handel mit Abkömmlingen von Klontieren stattfinden wird. Denn die Herstellung der Tiere ist sehr aufwändig und teuer. Solange sich daran nichts ändert, wird kein Landwirt es sich leisten können, eine Klontierherde in den Stall zu stellen.
Erklärtes Ziel von Klon-Firmen wie etwa Viagen ist dann auch der weltweite Handel mit dem Samen von Klontieren oder deren Nachkommen. Mit den Klonen eines besonders ertragreichen oder krankheitsresistenten Tieres könnte so eine "Massenproduktion" von Samen oder Embryonen aufgebaut werden. Mit einem geklonten Zwilling kann auch die Reproduktionszeit eines Tiers fast unbeschränkt verlängert werden.
Sollte die EU sich gegen die Zulassung von Klon-Lebensmitteln aussprechen, ist jetzt schon ein neuer Handelsstreit mit den USA absehbar. Wie bei den Gentech-Produkten werden die USA darauf drängen, dass sie ihre geklonten Tiere in der EU vermarkten dürfen. Streit wird es auch geben, wenn die EU hier nachgeben wird, denn ohne entsprechende Kennzeichnung wird eine Zulassung nicht durchsetzbar sein. Und die lehnen die USA ab.
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