Klimapolitik in den USA: Mit Geld gegen die Klimakrise

US-Präsident Biden will sein Land für die Erderhitzung wappnen. Den Notstand ruft er aber nicht aus: Zu groß ist der Widerstand aus der eigenen Partei.

Zwei Personen mit Schimmreifen im Wasser

2021 verursachten extreme Wetterereignisse in den USA Schäden von 145 Milliarden Dollar Foto: Mike Simons/ap

WASHINGTON taz | Nicht nur in Europa leiden die Menschen aktuell unter einer Hitzewelle. Auch in den USA befinden sich in dieser Woche mehr als 100 Millionen Menschen von Texas bis New York in der Gefahrenzone. Die gefährlich hohen Temperaturen, die in einigen Regionen die 40-Grad-Marke sprengen sollen, sind nicht nur eine Belastung für die dortige Bevölkerung, sondern auch für die hiesige Infrastruktur. Vor allem Stromausfälle sind deshalb keine Seltenheit.

Für die alljährlichen Temperaturrekorde in den USA und anderswo machen Wissenschaftler den anhaltenden Klimawandel verantwortlich. Die Vereinigten Staaten gehören im internationalen Vergleich noch immer zu den größten Produzenten von klimaschädlichen Treibhausgasen. Unter US-Präsident Joe Biden sollte sich das ändern. Der Demokrat wollte die USA zu einem der führenden Länder im Kampf gegen den Klimawandel machen, doch getan hat sich bislang nur wenig.

Am Mittwoch verkündete Biden nun, dass er die Macht seines Amtes vollends ausnutzen wolle, um auch ohne die Unterstützung des US-Kongresses die Klimakrise zu bekämpfen. „Der Klimawandel ist buchstäblich eine existentielle Bedrohung für unsere Nation und die Welt“, sagte der US-Präsident während einer Rede im US-Bundesstaat Massachusetts.

Im vergangenen Jahr verursachten extreme Wetterereignisse in den USA Schäden von insgesamt 145 Milliarden Dollar. Und da mit diesen in Zukunft noch häufiger zu rechnen ist, dürften die Kosten in den kommenden Jahren deutlich steigen. Laut Biden stellt der Klimawandel damit bereits jetzt eine Bedrohung für die Wirtschaft und die nationale Sicherheit dar.

2,3 Milliarden für die Kommunen

„Als Präsident habe ich die Verantwortung, mit Dringlichkeit und Entschlossenheit zu handeln, wenn unserer Nation eine akute Gefahr droht. Und genau das ist der Klimawandel,“ sagte Biden. Als erste Handlung verkündete er Investitionen von 2,3 Milliarden Dollar, um Kommunen besser gegen die Folgen des Klimawandels zu schützen. Das Geld soll dazu dienen, die Infrastruktur im Land künftig gegen extreme Hitze, Dürre, Überschwemmungen, Wirbelstürme und auch Tornados widerstandsfähiger zu machen.

Um die Menschen in der aktuellen Hitzewelle zu unterstützen, sollten 385 Millionen Dollar davon sofort verwendet werden – zum Kauf von Klimaanlagen und zum Aufbau von sogenannten Kühlzentren in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden.

Neben den Investitionen gab Biden auch bekannt, dass es im Golf von Mexiko neben Ölbohrinseln bald auch Windkraftparks geben könne. Der erste Offshore-Windpark der USA nahm 2016 vor der Küste von Rhode Island seinen Betrieb auf. Ein weiterer Offshore-Windpark entlang der Atlantikküste befindet sich aktuell im Bau. „Wir werden sicherstellen, dass der Ozean für die saubere Energie unserer Zukunft geöffnet ist“, so Biden.

Biden ruft nicht den Klimanotstand aus

Bei diesen zwei Ankündigungen blieb es zunächst. Weitere Regierungs-Maßnahmen, präsidentielle Dekrete und behördliche Verordnungen zur Bekämpfung der Klimakrise sollen in den kommenden Tagen und Wochen folgen. Der Präsident ging allerdings nicht so weit, einen nationalen Notstand in Bezug auf den Klimawandel in den USA auszurufen.

Die Einstufung der Klimakrise als eine nationale Notlage würde dem Präsidenten weitere Möglichkeiten zu deren Bekämpfung eröffnen. Laut dem Weißen Haus ist diese Option noch nicht vom Tisch. Der Grund, warum Biden überhaupt diesen Alleingang in Erwägung zieht, ist der Gegenwind aus der eigenen Partei. Der demokratische Senator Joe Manchin aus West Virginia hatte vergangene Woche angekündigt, dass er aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation nicht für ein Klima- und Steuerpaket stimmen könne.

Patt im US-Senat

Ohne die Stimme des Demokraten hat das Gesetzespaket bei den ausgeglichenen Sitzverhältnissen im US-Senat (beide Parteien haben 50 Sitze) keine Chance zu bestehen. „Politische Schlagzeilen haben keinen Wert für die Millionen von Amerikanern, die sich aufgrund einer Inflationsrate von 9,1 Prozent Lebensmittel und Treibstoff kaum noch leisten können“, sagte ein Pressesprecher des Senators gegenüber NBC News.

Es ist nicht das erste Mal, dass Manchin die Pläne seiner Partei und des Präsidenten durchkreuzt. Erst im Dezember sorgte er für das Aus von Bidens mit 1,75-Billionen-Dollar-dotiertem Klima- und Wirtschaftspaket.

Für die Demokraten ist das ein weiterer Rückschlag vor den diesjährigen Kongresswahlen. Die Republikaner, die im November die Mehrheit im US-Repräsentantenhaus zurückerobern wollen, freut es.

Der Verkehrsminister will weltweit den Ton angeben

Zwar sind Bidens Umfragewerte im Keller und die Wirtschaftslage, vor allem die hohe Inflationsrate, sorgt für Verunsicherung in der US-Bevölkerung. Der Präsident hofft jedoch, dass die Kombination aus neuen, gut bezahlten Arbeitsplätzen und weniger Umweltverschmutzung sowie die Konkurrenz zu China am Ende auch den US-Kongress davon überzeugen, energisch gegen die Klimakrise vorzugehen.

„Amerika sollte beim Kampf gegen den Klimawandel den Ton angeben und den Rest der Welt dazu auffordern, uns nachzueifern, anstelle sich einem Land, das in Bezug auf das Klima keine gute Arbeit leistet, anzupassen“, sagte der US-Verkehrsminister Pete Buttigieg im Interview mit dem Wirtschaftssender CNBC.

Um die Menschen in der aktuellen Hitzewelle zu unterstützen, sollten 385 Millionen Dollar davon sofort verwendet werden – zum Kauf von Klimaanlagen und zum Aufbau von sogenannten Kühlzentren in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden.

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