Klimaklage gegen Frankreich: „Die Sache des Jahrhunderts“
Zwei Millionen Franzosen klagen gegen den Staat. Ihr Vorwurf: Das Land vernachlässige die Umweltpolitik. Die Gelbwesten dürften nicht die Ausrede sein.
Und Greenpeace, Oxfam, Notre Affaire à tous und Nicolas Hulots Fondation pour la nature et l’homme kommen nicht allein zum Gericht. Sie werden unterstützt von mehr als 2 Millionen Menschen, die bisher eine im Dezember in Frankreich gestartete Petition mit dem Titel „L’Affaire du siècle“ („Die Sache des Jahrhunderts“) unterzeichnet haben. Diese Zahl von Unterschriften zur Forderung einer entschlossenen Klimapolitik ist in Frankreich einzigartig.
Das Vorgehen in Frankreich stützt sich auf internationale Präzedenzfälle, die als erfolgreiche Beispiele angeführt werden. So gelang es in den Niederlanden, mit einer gerichtlichen Klage die Regierung zu einer wesentlichen Verbesserung ihrer Klimapolitik zu veranlassen. In Deutschland hatten 2018 ebenfalls mehrere Bauernfamilien, unterstützt von Greenpeace, mit ihrer Klage die Regierung Merkel der Schlamperei in Sachen Klimaschutz beschuldigt.
Der Vorwurf an die französische Staatsführung, den von ihr selber oft als beispielhaft verkauften Klimaschutz vernachlässigt zu haben, wiegt politisch schwer. Bereits vor einem Monat hat Umweltminister François de Rugy, ein zu Macron übergelaufener Ex-Grüner, in einem langen Brief geantwortet, um zu versichern, die Regierung teile die Meinung, dass der Klimaschutz die dringende und vorrangige Angelegenheit sei.
Es mangelt an aufrichtiger „Ambition“
De Rugy spielte die Kritik an die Absender zurück: Frankreich werde seine klimapolitischen Zielsetzungen einhalten, wenn jedeR Einzelne „mit einem veränderten Verhalten, finanziell und persönlich zum Schutz der Umwelt beiträgt“.
Die Proteste der Gelbwesten, die sich ursprünglich gegen höhere Ökosteuern auf Treibstoff richteten, können dabei nicht als Entschuldigung für die Untätigkeit der Regierung dienen. Zum einen mangelt es laut den klagenden Organisationen, die ihre Initiative lange vor den Gelbwesten-Protesten publiziert hatten, auch in anderen Bereichen der Klimapolitik dem Staat an aufrichtiger „Ambition“.
Zum anderen sind die Gelbwesten eher ein Symptom für sozial ungerecht verteilte Lasten und haben ihren Ursprung mehr im Abbau des öffentlichen Verkehrs und der Vernachlässigung der Infrastruktur in den ländlichen Gebieten. Doch sah man bei den Demonstrationen der Gelbwesten immer wieder auch die Forderung nach einer gerechten Klimapolitik und den Slogan: „Fin du mois, fin du monde -- même combat“, was bedeutet, dass die Verteidigung der Kaufkraft und der Kampf gegen die Zerstörung der Welt durch Klimaveränderungen Hand in Hand gehen müsse.
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