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Klimafreundliche LandwirtschaftEssen wie die Italiener

Vertreter der Bio-Branche rufen dazu auf, die Ernährung umzustellen und weniger Fleisch zu essen. Dann könne Deutschland zu 100 Prozent mit Öko-Produkten versorgt werden.

Klimaretter essen Pizza. Ohne Schinken. Bild: ap

Die Biobauern sehen sich durch eine neue Studie der Verbraucherorganisation Foodwatch zur Klimawirkung der Landwirtschaft bestätigt. Die Spitzenverbände der Biobranche begrüßten das Ergebnis, dass der ökologische Landbau weniger Treibhausgase produziert als der konventionelle. "Dass Biolandbau nicht besser fürs Klima ist, gibt die Untersuchung nicht her", sagte der Bundesvorsitzende des größten Anbauverbands Bioland, Thomas Dosch.

Zwar überschrieb Foodwatch ihre Pressemitteilung über die Studie am Montag mit den Worten "Ökolandbau ist kein Klimaretter". Und Geschäftsführer Thilo Bode erklärte: "Das Biosiegel liefert keinen ausreichenden Hinweis für einen klimafreundlichen Konsum von Lebensmitteln." Doch die Autoren der Untersuchung haben herausgefunden, dass durch Umstellung auf Ökolandbau 15 bis 20 Prozent der Treibhausgase im Agrarsektor eingespart werden könnten.

Pro Kilogramm Weizen, rechnet das von Foodwatch beauftragte Institut für ökologische Wirtschaftsforschung vor, verursachen die Bios weniger als die Hälfte der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu den konventionellen Bauern. Das liegt zum Beispiel daran, dass Ökobetriebe auf mineralischen Stickstoffdünger verzichten, dessen Herstellung und Anwendung besonders klimaschädlich ist.

Bei der Rindfleischerzeugung liegen Biohöfe mit manchen Verfahren vorn, in anderen jedoch hinten. Ein Grund ist, dass ein Biobulle mehr Platz braucht und zudem auf traditioneller Einstreu wie Stroh steht. Bei dessen Herstellung fällt Energie an, was die Klimabilanz verschlechtert. In diesem Punkt schneiden Bullen besser ab, die in konventionellen Anlagen ihr Leben auf einem Boden aus Betonspalten fristen. Dabei haben die Wissenschaftler nach eigenen Angaben alle Umweltwirkungen der Produktion und ihrer Vorstufen berücksichtigt.

Egal, ob bio oder konventionell: Rindfleisch ist für die Forscher der Klimakiller Nummer eins in der Landwirtschaft. Ihre Schlussfolgerung ist deshalb: Insgesamt reicht es aus Klimasicht nicht, auf bio umzustellen. Die Leute müssten auch weniger Rindfleisch essen. Um das zu erreichen, fordert Foodwatch, Fleisch zu verteuern.

"Die Ernährungsgewohnheiten müssen sich ändern", sagt auch Steffen Resse, Geschäftsführer des Bioanbauverbands Naturland. Und zwar ist das gar nicht so schwierig, wie man annehmen könnte. "Nach unseren Berechnungen würde es reichen, wenn wir so wenig Fleisch wie die Italiener essen", erklärt Reese. "Dann ist Deutschland auch zu 100 Prozent mit Bio ernährbar." Laut der Studie von Foodwatch lässt sich der bisherige Konsum nur über ökologische Produktion nicht decken. Auch Reese sagt: "Wenn man auf ökologischen Landbau umstellt, hat man automatisch weniger Tierhaltung." Das liegt schon daran, dass laut EU-Bioverordnung die Ställe größer sein müssen.

Aber Biokonsumenten reduzieren ihren Fleischkonsum ohnehin. "Sie essen deutlich weniger Fleisch, schon weil es relativ teuer ist", sagt der Vorstandsvorsitzende der Branchenorganisation Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein. Doch Bio sei mehr als nur klimafreundlich, ergänzt Bioland-Chef Dosch. Es gehe zum Beispiel auch um faire Produktionsbedingungen und Gesundheit.

"Nur weil Betonspaltenböden klimafreundlich sind, können wir nicht die artgerechte Tierhaltung vergessen", sagt Dosch. "Die Frage ist: Welche Produktionsweise hat in der Summe die beste Bilanz?" Seine Antwort ist klar: "Da ist der Königsweg immer noch der ökologische Landbau."

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6 Kommentare

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  • VO
    veganer_in objekt klein a

    das schöne an der anzustrebenden veganen ernährung ist auch, dass die reichhaltige esskultur der menschen, die bislang sehr fleisch-, milch- und eierzentriert ist, nicht verloren gehen muss.

    es gibt ja wirklich zahlreiche gute fleisch/milch/eialternativen und massig know-how zur kunstvollen abwandlung und veredelung des essens. leider ist dieses know-how jedoch noch sehr nischenhaft. aber vielleicht gibt es in zukunft endlich mal vegan-bio-öko-fair-kochsendungen im fernsehen. zu wünschen wäre es ja und die gesellschaftlichen wirkungen wären auch spürbar.

  • EP
    Elisabeth Petras

    Manche Menschen glauben, man müsse Fleisch oder Fisch essen, um seinen Eiweißbedarf zu decken. Schließlich propagierte die Werbung lange Zeit Fleisch als gesund, was heute nicht mehr erlaubt ist. Fakt ist jedoch, dass auch Vegetarier in Deutschland in der Regel das Doppelte ihres Eiweißbedarfs aufnehmen - und dass zuviel Eiweiß zur Übersäuerung des Körpers führen kann.

     

    Wer Milch trinkt, sollte wissen, dass eine Milchkuh jedes Jahr kalben muss, um so viel Milch zu produzieren. Rindfleisch von Milchkühen ist somit ein Produkt, dass nebenbei anfällt. Extensive Haltungsformen tragen zum Schutz großer Weideflächen bei, die auch wieder durch Pflanzen Co2 aufnehmen. Zudem wird die Artenvielfalt erhöht oder erhalten - auch dies ist ein wichtiges ökologisches Ziel!

     

    Eine unabhängige, nicht durch Landwirtschaftsinteressen verzerrte Ernährungsaufklärung ist bitter nötig! Doch leider ist diese immer noch in Händen des Landwirtschaftsministeriums. Die deutsche Landwirtschaft setzt aber immer noch sehr stark auf "Veredlungsprodukte" - also auf Fleisch, Milch und Eier.

  • TH
    Tobias Hagenbäumer

    Mit dieser Studie belegt Foodwatch das was PETA Deutschland e.V. schon lange fordert. Eine Fleischsteuer wäre aber nicht nur aus dem Aspekt des CO2 Ausstoßes die einzige Lösung den ständig steigenden Fleischkonsum einzudämmen, sondern ebenso aus Umweltschutzgründen und aufgrund der mit der Fleischproduktion einhergehende Wasserverschwendung. Eine fleischhaltige Ernährung verursacht nicht nur, je nach Anbaumethode, zwischen 7 und 15 mal mehr CO2; sie verbraucht auch doppelt so viel Wasser. In Zahlen umgesetzt: ein Fleischesser ist für 1,5 Tonnen mehr CO2 im Jahr verantwortlich und er verschwendet während eines Tages gute 2500 Liter mehr an Wasser als ein Vegetarier, dagegen stehen die täglich Menge von nur 150 Liter Wasser für Trinken, Waschen und Körperpflege, was das Ausmaß der Verschwendung eindeutig sichtbar macht. Hinzu kommt, dass die Tierwirtschaft verantwortlich ist für Regenwaldabholzung, Feinstaub, Sauren Regen, Erosionen und Gewässerverschmutzung. Wir müssen endlich damit anfangen den tatsächlichen Preis für Güter zu ermitteln und die damit verbundene Verantwortung übernehmen, dazu gehören auch ganz klar Klima- und Umweltaspekte.

  • T
    Thomas

    Das Zauberwort für eine klima-, umwelt- und tierfreundliche Welt lautet "Vegan".

    http://www.tierbefreier.de/vegan/index.html

  • BW
    bernhard wagner

    Eine drastische internationale Besteuerung von Schiffsdiesel (wg. der Futtermittelimporte, die in der konventionellen Tierhaltung normal sind), sowie von Stickstoffkunstdünger dürfte eine wirksame Kombination an Maßnahmen sein - zusätzlich zu anderen. Übrigens decken die Italiener ihren Proteinbedarf stärker durch sog. Meeresfrüchte als die Deutschen. Das sollten die Deutschen aber nicht nahahmen, denn dann würde die Überfischung der Meere noch weiter zunehmen.

     

    Allgemein dürfte ein Land, dessen Menschen sich nicht von frei schwimmenden Fischen ihrer Gewässer und frei lebendem Großwild, neben wilden Beeren, Obst, Nüssen und evtl. auch ein wenig ladwirtschaftlicher pflanzlicher Nahrung ernähren kann, für eine Lebensweise, die wirklich als "umweltfreundlich" bezeichnet werden könnte, zu dicht besiedelt sein. Die Leute hierzulande und anderswo zu einer freiwilligen 1-Kind-Familie zu überreden wäre daher auch ein langfristig für Alle Menschen und viele andere Lebewesen vorteilafter Fortschritt.

  • N
    nigel

    Letztendlich lässt sich mit dem vollkommenen Verzicht auf Fleisch eine große Menge an Tierfutter sparen, für dessen Herstellung riesige Flächen gebraucht werden. Um 1 kg Fleisch herzustellen müssen meines Wissens 15 kg planzlichen Futters verfüttert werden. Wen man damit alles satt kriegt...