Klimafolgen auf den Philippinen: Miserable Stimmung in Malabang
Die Philippinen leiden unter der Erderwärmung – das führt zu Vertreibungen von Millionen. Der Deichbau kreiert weitere Gefahren.
Hunderte Menschen starben, unzählige Familien wurden obdachlos. Betroffen waren vor allem jene, die illegal in Gefahrenzonen am Rand von Flüssen oder an steilen Berghängen hausten – wie die Familie Arlos. „Unsere Hütte wurde weggeschwemmt, wir konnten gerade noch die Kinder retten“, erinnert sich die 38-Jährige. Nach einigen Wochen in Evakuierungszentren „wurden wir in einen Bus gesetzt und ins Nirgendwo gebracht. Gefragt hat uns niemand. Alles, was da war, waren Häuser. Wir hatten kein Wasser und keinen Strom. Es gab keine Schule und keine Jobs.“
Ihr Mann muss seither zur Arbeit nach Manila fahren, drei Stunden dauert es und verschlingt 200 seiner 510 Pesos Tageslohn. Der Rest, umgerechnet etwa 6 Euro, muss reichen für die siebenköpfige Familie. „Abgeschoben hat man uns und dann vergessen“, ärgert sich die Philippinerin. Mehrere Tausend Menschen wurden in Southville 8a zwangsangesiedelt, nur eine Minderheit ist geblieben. Der Rest lebt wieder dort, wo die Infrastruktur besser und die Jobchancen höher sind.
Southville 8a ist ein Beispiel für das Scheitern sogenannter Off-City-Ansiedlungen, mit denen Länder wie die Philippinen versuchen, Slumbewohner aus der Stadt zu bekommen. Dies geschieht gern unter dem Deckmantel von Nothilfe oder Vorsorge. Tatsächlich sind die Philippinen vom Klimawandel betroffen wie kaum ein anderes Land der Erde. Naturkatastrophen häufen sich, die Wucht der auch an Stärke zunehmenden Taifune ist fatal.
Negativen Folgen für die 1,2 Millionen Anwohner
Nun plant die Regierung am Laguna-See im Süden Manilas einen 47 Kilometer langen und 15 Meter hohen Deich. Auch hier drohen wieder Zwangsumsiedlungen. Das gewaltige Bauwerk am Westufer von Asiens drittgrößtem Süßwassersee soll die 13-Millionen-Metropole Manila vor einer Jahrhundertflut in Folge eines Super-Taifuns schützen. Auf der Krone des Deichs ist auch eine mautpflichtige Autobahn vorgesehen. Diese wird als Anbindung an die Hauptstadt essenziell sein für die Bewohner von sieben Inseln. Die dort geplanten künstlichen Oasen für hochpreisige Büro- und Wohnimmobilien sollen dringend benötigte Investoren anlocken, denn allein kann das Land solch ein gewaltiges Projekt gar nicht stemmen.
Dürre und Flut – die Klimakatastrophe
Das deutsche katholische Hilfswerk Misereor warnt indes vor den negativen Folgen für die 1,2 Millionen Anwohner des Sees. Zigtausend Fischer und Anwohner müssten laut der Misereor-Sprecherin Rebecca Struck umgesiedelt werden. Die Stimmung in Malabang am Westufer des Sees ist miserabel. Ernesto Capili, ein Deichwiderständler, sagt: „Er zerstört unsere Lebensgrundlage, aber unsere Sorgen nehmen die Planer nicht ernst. Die erzählen uns etwas von neuen Häusern. Wovon wir uns ernähren sollen, sagen sie nicht“, zürnt der Fischer.
Der Deich sei „kein Schutz, sondern eine Gefahr. Hier am Westufer münden neun Flüsse in den See. Der Deich würde wie ein Riegel vor den Zuläufen sitzen – wo soll denn bei Regen das Wasser aus den Flüssen hin?“, fragt Capili kopfschüttelnd. Auch dass der Deich laut einer Studie nur zwei Kilometer von einer Erdbebenfalte entfernt steht, ignoriere die Regierung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen