Klimaaktivisten-Camp in Berlin: Verkehrswende geht nur zusammen

Im Invalidenpark wird für eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik „gecampft“ – gegen den Ausbau immer neuer Straßen und für kostenlosen Nahverkehr.

Ein Automodell mit der Aufschrift "Verkehrswendecamp" vor einem weißen Zelt

Mitten auf der Wiese haben Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen ein Camp errichtet Foto: privat

BERLIN taz | Wir fordern eine sozial-ökologische Verkehrswende“, sagt Yuno im Invalidenpark, unweit des Bundesverkehrsministeriums. Yuno definiert sich nicht-binär und möchte nur mit Vornamen genannt werden. Ein Teil des Parks wird derzeit als ein Verkehrswende-Camp von verschiedenen klimaaktivistischen Gruppen genutzt. Dort hat es sich Yuno unter einem Baum gemütlich gemacht.

Noch bis Ende September sind Veranstaltungen unter anderem von Extinction Rebellion und Fridays For Future geplant. In diesen heißen Augusttagen sind Aktive im unteren einstelligen Bereich vor Ort. „Aktuell geht es mehr um Präsenz und weniger um Aktion“, erklärt Yuno.

Die sozial-ökologische Verkehrswende ­bezieht sich besonders auf den Bundesverkehrswegeplan 2030. Eigentlich soll dieser neben der Straße auch die Schifffahrt und die Schiene ­berücksichtigen. Nach Meinung der Klimaaktiven wird sich allerdings hauptsächlich um den Straßenausbau gekümmert. Daher fordern sie eine Neuausrichtung dieses Plans. Eine weitere Forderung ist, dass der ÖPNV bundesweit kostenlos nutzbar sein soll.

Ein juristischer Sieg im Ammerland, der den ersten Bauabschnitt der A20 verhindern konnte, sei der Startschuss für das Camp in Berlin gewesen. „Wir müssen uns solidarisieren und einen Raum für die Bewegung schaffen.“ Im Invalidenpark stehen ein paar Schlafzelte, eine Sitzgelegenheit von Greenpeace und ein größeres Zelt einer Behindertenwerkstatt.

Verkehrswende-Camp als Soziallabor

Letzte Nacht wurde das Zelt beschmiert, von einem „Macker der autonomen Linken“, wie Yuno es formuliert. Dort steht nun: FCK XR. Das heißt so viel wie: „Fick dich, Extinction Rebellion“. „Das ist ein echtes Problem“, stellt Yuno fest. Es gehe nicht nur um die Beschmierung des geliehenen Zeltes einer Werkstatt, sondern auch um die Grabenkämpfe der Linken insgesamt. Immer wieder scheitere das Miteinander, scheiterten auch die Aktionen an Uneinigkeiten in Detailfragen.

Klar, wie negativ sich innere Spaltung innerhalb einer Interessengemeinschaft auswirken kann, hat man sehr gut auf Landes- und Bundesebene der Linken nachvollziehen können. Die Partei steht aus ähnlichen Gründen am Rande der Bedeutungslosigkeit.

„Wir müssen neue Wege des Zusammenlebens- und ­-arbeitens entwickeln“, ist sich Yuno sicher. Dieses Camp soll daher neben den konkreten Forderungen an die Politik auch ein „Soziallabor“ sein. Yuno beschreibt das als eine ­„Diversity of Tactics“. Man habe mit der Schmierei zwar einen Rückschlag hinnehmen müssen, aber dennoch wird das Verkehrswende-Camp von einem breiten Bündnis klimapolitisch aktiver Menschen getragen.

Kein Ausbau, sondern Erhalt und Sanierung

Diese verkünden geschlossen: „Wir haben genug von Ihrer Arbeitsweise, Herr Wissing, halten Sie sich an den Koalitionsvertrag.“ Dort steht geschrieben, dass der Fokus auf „Erhalt und Sanierung“ von Straßen liegen soll und zweitens setzt die Regierung auf sogenannte Dialogprozesse mit Verbänden. Mit insgesamt über 600 Kilometern geplanter, neuer Autobahnstrecke im Bundesgebiet konterkariert der Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) diese Pläne und lässt sie zu inhaltslosen Absichtserklärungen verkommen.

Um das zu ändern, wird wohl auch bald im Verkehrswende-Camp mehr los sein. Yuno sagt, es brauche Strukturen von unten und nicht von oben herab: „Bis Ende September sind die Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen vor Ort, am 23.September wird eine Fridays-For-Future- Demo am Camp starten und enden.“

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