Klimaaktivist über Mittleren Osten: „Bis zum Jahr 2100 unbewohnbar“
Das geringe Interesse an Umweltfragen im Mittleren Osten bei jüngeren Menschen ist ein Problem, sagt die ehemalige Greenpeace-Mitarbeiterin Zeina Khalil Hajj.
„In der Tat überschatten diese Krisen in unserer Region das Bewusstsein für die Dringlichkeit der Klimakrise. Dabei läuft uns die Zeit davon. Laut dem ‚Intergovernmental Panel on Climate Change‘ könnte der Mittlere Osten bis zum Jahr 2100 unbewohnbar werden, wenn sich nicht bald etwas ändert. Natürlich ist die Klimakrise eine globale Herausforderung und die Menschen hier haben vergleichsweise wenig zu ihrer Entstehung beigetragen, trotzdem ist das geringe Interesse an Umweltfragen im Mittleren Osten und auch in Nordafrika ein großes Problem für die Zukunft unserer Gesellschaften.
Im Gegensatz zu westlichen Ländern haben vor allem jüngere Menschen noch kein Bewusstsein für den Klimawandel und nötige Klimaschutzmaßnahmen entwickelt. Armut ist in vielen arabischen Ländern weit verbreitet und die junge Generation deshalb vor allem an wirtschaftlicher Entwicklung interessiert. Die Fragen, die sie beschäftigen, sind: Wie finde ich einen Job? Woher bekomme ich genug Geld, um mich und meine Familie ernähren zu können? Wirtschaftliche Entwicklung und Klimaschutz müssen deshalb Hand in Hand gehen, um auch jüngere Menschen für das Thema zu sensibilisieren.
Momentan sind es laut mehreren Studien eher ältere Menschen, die sich in unserer Region für die Umwelt interessieren. Natürlich gibt es auch im Mittleren Osten schon Initiativen von jungen Menschen, die sich für den Schutz der Umwelt einsetzen und die versuchen, ihren Alltag nachhaltiger zu gestalten. Sie brauchen so viel Ermutigung, Unterstützung und Aufmerksamkeit wie möglich. Klar ist aber auch: Mehr Bewusstsein für Klimafragen wird es in unserer Region nur mit mehr sozialer Gerechtigkeit geben.“
Zeina Khalil Hajj leitet die globalen Kampagnen der Klimabewegung 350.org und war maßgeblich am Aufbau des Greenpeace-Büros im Mittleren Osten beteiligt.
Das Gespräch führte Avin Youssef, Qamischli, Syrien.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!