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„Das Ende einer Ära“, Do., 23 Uhr, ARD
Die mutigsten Fernsehjournalisten Deutschlands arbeiten für den WDR. Schon drei Wochen nach der Bundestagswahl gelang es ihnen, eine hochbrisante Dokumentation über das „Ende einer Ära“ in die ARD zu hieven. Kein dummer Gedanke, dem salbungsvollen Tonfall der Übergangszeit eine sachliche Analyse entgegenzusetzen. Zu sehen jedoch gab es ein grob zusammengezimmertes TV-Stück aus der Kölner Geschichtswerkstatt am Wallrafplatz.
Wirr wanderte die WDR- Crew um Wolfgang Landgraeber, Jörg Hafkemeyer und Claudia Pasow durch die Ära Kohl und summierte die Verfehlungen der 80er Jahre (Kießling, Gorbatschow/ Goebbels-Eklat etc.). Um schließlich zum Großthema „1989“ zu springen. Aufgeboten wurden Zeitzeugen wie Bush oder Gorbatschow: „Es gelang uns, mit ihnen zu sprechen.“ Sensation! Für das entsprechende Honorar treten die Elder statesmen heute in jeder Talkshow auf. Ästhetisch verheerend aber wirkte sich schließlich aus, daß die Autoren den ARD- Werbetrailer mit seinem Rollbalken einsetzten, um Stimmen aus der Öffentlichkeit zu zitieren. Die entsetzliche Fahrstuhlmusik läuft – klick –, und zu Wort kommen: Heino, Mutter Beimer, Toni Schumacher...
Diese WDR-Dokumentation war das Nachtreten der Zukurzgekommenen. Geprägt von Gratismut, gedeckt von der neuen Macht. Warum nicht klare Worte während des Wahlkampfs? Ist das die Zukunft? Schröder-TV? Das WDR-Tendenz- und Regierungsfernsehen, das immer dann Mut zeigt, wenn entsprechende politische Kräfte dahinter stehen? Dann doch lieber Nachtreten mit dem größten deutschen Oppositionssender, dem Bayerischen Rundfunk. Michael Ringel
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