: Kleine Weihnachtsgeschenke aus Brüssel
■ Beitrittswillige Nordländer erhalten einige Zugeständnisse in Symbolfragen
Stockholm (taz) – Auch künftig dürfen private Unternehmer in den nordischen Ländern weder Schnaps noch Bier verkaufen. Auch müssen die SchwedInnen und NorwegerInnen ihre Grenzen für bei ihnen verbotene und in der EU erlaubte Umweltgifte und Lebensmittelzusatzstoffe nicht öffnen. Jedenfalls nicht gleich. Die EU-Außenminister räumten ihnen am Dienstag eine Übergangsfrist von vier Jahren nach dem Beitritt ein. Falls die EU danach das relativ progressive Niveau der nordischen Länder nicht erreicht hat, kommt die bittere, giftige Wahrheit mit Verspätung aber doch über die Grenzen.
Vor allem der schwedische Europaminister Ulf Dinkelspiel und der norwegische Handelsminister Björn Tore Godal bejubelten die Entscheidung als großen Erfolg und Riesenschritt auf dem Weg zu einem erfolgreichen Abschluß der Beitrittsverhandlungen. Tatsächlich aber bedeutet das vorweihnachtliche Bündel an Brüsseler Entgegenkommen im wesentlichen nur, daß die bisherigen Verhandlungen nicht völlig ohne Resultat ins neue Jahr gehen.
Aufgrund seiner bisherigen Rechtsprechung spricht viel dafür, daß der Europäische Gerichtshof das von der Politik genehmigte Alkoholmonopol schnell wieder kippt. Und die Vierjahresfrist auf dem Umweltgebiet ist nicht nur keine Garantie für die Zukunft, sondern umgekehrt ein Stoppsignal für jede weitere Verschärfung von Grenzwerten und für den Katalog von nicht zugelassenen Stoffen. Umweltorganisationen sprachen daher auch von einem Waterloo für die Weiterentwicklung der nordischen Umweltpolitik.
Die Freihandelsabkommen zwischen den baltischen und den skandinavischen Ländern dürfen zwar auch künftig formal bestehen bleiben, werden aber im Interesse der Textilwirtschaft der südeuropäische EU-Länder durch eine Quotenregelung entschärft. Ungelöst bleiben die Differenzen über Landwirtschafts- und Regionalpolitik sowie Fischerei und Kontrolle der Ölwirtschaft. Nur in einer Herzensfrage können die Nordlichter sich einen wirklichen Sieg an die Fahnen heften: Die EU hat es aufgegeben, ihnen den Snus-Genuß auszutreiben. Sie dürfen die ansonsten in Europa verbotene Abart des Kautabaks weiterhin im Mundwinkel bunkern. In die Rest-EU dürfen sie das braune Zeug aber nicht exportieren. Reinhard Wolff
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