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■ StandbildKlassenkampf

„Saga einer Traktorenfabrik“, Di., 20.45 Uhr, arte

Am 18. Juni 1994 versammeln sich etwa 500 Menschen in einem Vorort von Lille, um den zehnten Jahrestag von Massenentlassungen der dortigen Massey-Ferguson- Traktorenfabrik zu begehen. Man diskutiert über die Wirtschaftspolitik der Regierung, Auguste Patent, der in der Nachkriegszeit an der Spitze der kommunistischen Gewerkschaft CGT gestanden hat, spricht über die Ausbeuter in der Konzernleitung, man ißt, man trinkt, und schließlich wird gesungen: „Das gefällt ihnen nicht, ein richtiger Gerneralstreik...“

Der Dokumentarfilmer Jerôme de Missôlz zeigt in seiner „Saga einer Traktorenfabrik“ etwas, was man sich kaum noch vorzustellen vermag: Arbeitersolidarität. Die Szenen sind mit der Handkamera gedreht, trotzdem wirkt das Fest erschreckend unwirklich. Vielleicht liegt das daran, daß man die Ästhetik aus den Dokumentardramen Jean-Luc Godards kennt.

Die Aktivisten von damals treten als Ankläger auf. Denn Missôlz beschreibt, wie der Fabrikalltag heute aussieht: Man ist froh, überhaupt einen Job zu haben, der Jahresvertrag ist das Ziel, an Urlaub denkt keiner, die Arbeiter sind isoliert, sie sprechen selbst während der Mittagspause nicht miteinander. Wer aufmuckt, ist ein „Gewerkschaftsterrorist“ und wird sofort entlassen. „Sie spielen mit uns“, sagt einer, der nur „der Leiharbeiter“ genannt wird und der nie zu sehen ist. Ein Dreher berichtet über seinen trostlosen Tagesablauf und darüber, daß er nach Feierabend keine Kraft mehr habe, bei der Gewerkschaft mitzumachen. Dann steht folgender Satz auf dem Bildschirm geschrieben: „Vier Milliarden Gewinn. Und wir?“ Die Dokumentation von Missôlz ist wohltuend parteiisch. Carsten Otte

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