: Klare Haltung
Betr.: „Mehr oder weniger gegen rechts“, taz hamburg, vom 07.09.2000
Ich will nicht versäumt haben anzumerken, dass die Darstellung, der Abgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der GAL, Martin Schmidt, hatte sich in der bürgerschaftlichen Debatte zum Thema Rechtsradikalismus ablehnend zur Behinderung von Nazi-Aufmärschen geäußert, sich im Hamburger Abendblatt ganz anders liest. Dort wird von Schmidt berichtet, dass er sich grundsätzlich und positiv auf die Brokdorf-Entscheidung des 1. Senates des Bundesverfassungserichtes vom 14. Mai 1985 bezogen habe und von daher deren Geltung auch für Faschisten notwendigerweise zu akzeptieren sei, wenn man nicht den Grundsatz der Demonstrationsfreiheit als das Recht des Bürgers, durch Ausübung der Versammlungsfreiheit aktiv am politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess teilzunehmen, im Grundsatz gefährden wolle, was Schmidt offensichtlich nicht will, wohl weil es zu den unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens gehört und daher die grundlegende Bedeutung des Freiheitsrechtes vom Gesetzgeber beim Einlass grundrechtsbeschränkender Vorschriften, sowie bei deren Auslegung und Anwendung durch Behörden und Gerichte zu beachten sei.
Sie stellen die Sache dann so da, als wolle Schmidt pauschal keine Behinderung – also auch keine irgendwie geartete Gegendemonstration – , dass der Abgeordnete Hackbusch (Regenbogen) sich doch die Verwunderung ob der Nichtteilnahme der Grünen bei Demonstrationen gegen Nazi-Aufmärsche hätte sparen können, eingedenk des starken Beifalls für Schmidts Rede.
Diese Argumentation ist von entwaffnender Schlichtheit und insofern auch irgendwie einleuchtend. Mir gefallen die Grünen zwar auch nicht immer besonders gut, hinsichtlich der Äußerungen von Schmidt muss ich allerdings sagen, dass mir die uneingeschränkte und positive Bezugnahme auf das Demonstrationsrecht sogar ausgesprochen gut gefallen hat. In ihr steckt mehr klare Haltung gegen die Entdemokratisierung und Reflexionen über die Bedingungen, die es braucht, um es den Vereinfacherern und Stimmungsmachern schwer zu machen, als vielleicht für jede auf den ersten Blick zu erkennen ist.
Aram Ockert
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