■ Berliner Telegramm: Klang-Gedenken
Melodiefetzen wehen von den Außenmauern des Geländes herüber. Hier im Zentrum sind nur Bruchteile von dem wahrzunehmen, was dort draußen entsteht. Mal bringt der Wind ganze Akkorde mit, ein anderes Mal bleibt es bei einem einzigen, langgezogenen Ton. Zu jeder vollen Stunde wird er höher, als wollte er einen thematischen Wechsel unterstreichen. Langsam bewegen sich die Klangfragmente an den Mauern entlang, bis sie in der Ferne verklingen. Doch schon bald kündigt der Wind ihre Rückkehr an. Was im Sommer 1997 auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenhausen zu erleben war, nennt die internationale Klezmer-Gesellschaft das Klezmer-Klangnetz. 30 MusikerInnen aus Deutschland und Israel trafen sich in der Gedenkstätte Sachsenhausen, um dort gemeinsam zu musizieren. Über sieben Stunden hinweg ließen sie durch ihr Spielen und Improvisieren ein Klanggewebe aus Erinnerung und Mahnung entstehen. Im September 1992 waren die Baracken der Gedenkstätte durch einen Brandanschlag von Neonazis teilweise zerstört worden. Die Klezmer-Gesellschaft will durch Aktionen wie diese zum zügigen Wiederaufbau und zur Instandhaltung des Geländes beitragen. Neben verschiedenen Benefizkonzerten soll im Sommer 1998 das Klezmer-Klangnetz am selben Ort wiederholt werden. mg
Klezmer-Gesellschaft, Gerhard Heß, Dresdener Str. 8, 10999 Berlin, Fon: 6142722
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