Klagen der AfD zurückgewiesen: Bremer Wahl wird nicht wiederholt

Bremens AfD klagte gegen den Ausschluss der Partei von der Bremer Bürgerschaftswahl im Mai. Nun hat das Wahlprüfungsgericht die Klagen abgewiesen.

Sergej Minich und Fabian Jacobi sitzen während des Verfahrens auf ihren Stühlen

Erfolglos: Die AfD-Rumpfvorständler Sergej Minich und Fabian Jacobi bei der Verhandlung am 5.12.23 Foto: Sina Schuldt/dpa

BREMEN taz | Die Bremer AfD hatte sich da ein ganz schönes Ei gelegt: Vor rund einem Jahr, fünf Monate vor der Bürgerschaftswahl, reichten zwei zerstrittene, sich beide für legitimiert haltende Vorstände zwei Landeslisten für die Wahl ein. Am Ende wurde keine anerkannt, weil es eben eine zu viel war. Die AfD nahm somit an der Wahl nicht teil und sitzt entsprechend heute nicht mehr in Bremens Landesparlament.

Am Dienstag verhandelte das Wahlprüfungsgericht über die Anfechtungen der Wahl – und wies alle Einsprüche zurück. Entsprechend der Linie des Konflikts verhandelte das Gericht sogar mehrere Einsprüche, na klar: von beiden Vorständen.

Da wäre einmal der sogenannte Rumpfvorstand um Landesvize Sergej Minich. Dieser wurde beim Parteitag im Mai 2022 gewählt, als kein Kandidat genug Stimmen für den Posten des Vorsitzenden bekommen hatte. Dieser Vorstand wird immerhin von der Bundes-AfD akzeptiert, obwohl das parteiinterne Schiedsgericht ein anderes Gremium eingesetzt hatte: den Notvorstand, zu dem die damaligen Bürgerschaftsabgeordneten der Partei Frank Magnitz und Heinrich Löhmann gehören.

Im November 2022 luden sie per Zeitungsannonce im Weser Kurier zur Mitgliederversammlung ein, um die Landesliste aufzustellen. Weil die Bundespartei ihnen die Herausgabe der Adresslisten der Mitglieder verweigert haben soll, sahen sie sich zu dieser ungewöhnlichen Methode gezwungen.

Bundespartei warnte sogar vor der Einladung

Zuerst verhandelte das Gericht die Einsprüche von Löhmann und Harald Rühl, die für den Notvorstand stehen. Laut Gericht war hier vor allem zu klären, ob zu der Wahlversammlung ordnungsgemäß eingeladen wurde. Zwar gebe es weder im Wahlgesetz Bremen noch in der Satzung des AfD-Landesverbands konkrete Angaben darüber, was das genau heißt, sagte Richterin Silke Benjes.

Doch alle wahlberechtigten Mitglieder einer Partei müssten die Möglichkeit haben, an so einer Wahl teilzunehmen – logischerweise also auch an der Versammlung. Zwar sei der Weser Kurier weit verbreitet, „aber wie viele lesen den oder rechnen damit, dass auf diesem Weg eine Einladung erfolgen könnte?“

In einer Mail der Bundesgeschäftsstelle an alle Mitglieder sei der Termin aber auch erwähnt worden, argumentierten Rühl und Löhmann. „Ja, aber darin stand, dass die Einladung nicht ordnungsgemäß sei“, sagte Benjes.

Ein weiteres Argument des Gerichts: Die Versammlung hätte auch später stattfinden können. Bis dahin hätte der Notvorstand rechtliche Schritte unternehmen können, um an die Adressen zu kommen. Denn schließlich sei das Einreichen von Wahlvorschlägen bis zur ersten Märzwoche möglich gewesen.

Das Gericht befand jedenfalls: Die Versammlung genügte nicht den rechtlichen Anforderungen. „Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht“, befand Michael Weiß, Leiter des Plenardienstes der Bürgerschaft, der neben Vertretern des Landeswahlleiters an der Verhandlung teilnahm.

Heinrich Löhmann, Ex-AfDler

„Die zweite Liste ist eine Fiktion der Presse und eine totale Fehleinschätzung der Landeswahlleitung in Bremen“

Löhmann, inzwischen aus der Partei ausgeschlossen wegen ausstehender Mitgliedsbeiträge, monierte: „Es hat nie eine zweite legale Liste gegeben.“ Dass der Rumpfvorstand von der Bundespartei unterstützt wird, könne er nicht verstehen. „Die zweite Liste ist eine Fiktion der Presse und eine totale Fehleinschätzung der Landeswahlleitung in Bremen.“ Man habe alles richtig gemacht, auch ordnungsgemäß eingeladen. „Ganz Bremen fühlt sich hinter die Fichte geführt, und Sie haben jetzt die Chance, das zu korrigieren.“

Dann folgte der zweite Akt: Der sogenannte Rumpfvorstand, am Dienstag vertreten durch Sergej Minich, Thomas Jürgewitz, dem Kreisvorsitzenden der AfD Bremerhaven und unterstützt von Fabian Jacobi, Bundestagsabgeordneter und Jurist aus Nordrhein-Westfalen, fühlt sich ebenfalls benachteiligt. Die von ihm vorgelegte Landesliste wurde zurückgewiesen mit der Begründung, dass nicht der rechtmäßige Vorstand der Partei unterschrieben habe.

Die drei erklärten, dass die Entscheidungen des Landes- und Bundesschiedsgerichts zur Einberufung des Notvorstands, an denen sich die Landeswahlleitung orientierte, Mängel gehabt hätten: Sie seien „krass willkürlich“, verfahrenswidrig, materiell falsch gewesen. Die Schiedsgerichte hatten eklatante Mängel am Parteitag im Mai 2022, bei dem der Rumpfvorstand gewählt worden war, festgestellt und den Notvorstand einberufen.

Gerichtsverfahren halfen dem Rumpfvorstand nicht

Meike Jörgensen, Vorsitzende Richterin und Präsidentin des Verwaltungsgerichts, sagte, dass der Rumpfvorstand vor Gericht ein Urteil hätte erstreiten können, um seine Rechtmäßigkeit zu belegen. Das habe man versucht, sagte Jacobi. Keine der vorgelegten Entscheidungen betreffe jedoch die Zulässigkeit des Rumpfvorstands, entgegnete Jörgensen.

Jürgewitz kämpfte vor allem für eine Wahlwiederholung in Bremerhaven. Denn hier wurde die – ebenfalls vom Rumpfvorstand unterschriebene – Liste zunächst anerkannt. Man habe in Bremerhaven natürlich von den innerparteilichen Streitigkeiten gewusst, sagte Jürgewitz – sei aber nicht involviert gewesen.

Zu keinem Zeitpunkt habe er daran gezweifelt, dass die Liste zugelassen werde: „Es gab für Bremerhaven immer nur eine Liste. Der Notvorstand wollte nie eine andere.“ Wenn man nur rechtzeitig gewusst hätte, dass die Unterschriften unter der Landesliste nicht gültig waren, hätte man sicherlich was dagegen getan. „Man hat uns ins offene Messer laufen lassen“, kritisierte Jürgewitz.

Weiß vom Plenardienst verwies auch in diesem Verfahren auf die Verantwortung der Parteien. Den Vorwurf, dass die Landeswahlleitung die Vorschläge zu spät oder zu wenig geprüft habe, wies er zurück: „Den Streit kannten Sie in dem Moment, als der Landeswahlleiter Ihnen gesagt hat: Einigt euch.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; eine Beschwerde vor Staatsgerichtshof ist möglich.

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