Klage gegen die Führung der Hamas: Geisel-Angehörige ziehen vor IStGH
Angehörige der aus Israel nach Gaza entführten Geiseln fordern Haftbefehle für die Hamas-Spitze. In Den Haag haben sie nun Zeugenaussagen überreicht.
Liat Bell Sommer, internationale Vertreterin des Forums, sprach von einem „entscheidenden Schritt“ für die strafrechtliche Verfolgung der Verbrechen, der die Schwere der erhobenen Vorwürfe unterstreiche. Dadurch soll der Druck erhöht werden, um die verbleibenden Geiseln freizulassen. Koordiniert wurde der Antrag von Shelly Aviv Yeini, einer Expertin für Rechtsstaatlichkeit unter Extrembedingungen von der Universität Haifa, sowie dem Anwalt Yuval Sasson von der renommierten Kanzlei Meitar Law Offices. Weitere Unterstützung gab es vom Raoul Wallenberg Institute of Human Rights.
Mit „Bring them home now“- Rufen empfingen mehrere Hundert Demonstrant*innen am Nachmittag bei stürmischem Wetter die Angehörigen vor dem Gerichtshof. Manche waren aus Belgien oder Frankreich nach Den Haag gekommen. „Es ist wichtig, dass wir dies zur Anzeige bringen, damit die Untersuchung der begangenen Grausamkeiten vorankommt“, so Anwalt Sasson. „Wir suchen Gerechtigkeit und wollen zeigen, dass die Welt angesichts dieser Vorfälle nicht schweigen wird, auf dass die Geiseln nach Hause kommen können.“
Chris den Hoedt, der die Angehörigenvereinigung in den Niederlanden vertritt, berichtet von einem vorherigen Treffen mit Chefankläger Khan im Herbst, das er initiierte, weil Israel den Gerichtshof nicht anerkennt. Tatsächlich hat Israel das Rom-Statut zur Gründung des IStGH zwar unterzeichnet, aber nie ratifiziert. Khan habe damals ausdrücklich um Augenzeugenberichte der Massaker am 7.Oktober gebeten und angekündigt, sich in Israel selbst ein Bild von den Tatorten machen zu wollen. „Wir haben nun die Informationen zu diesen grausamen Verbrechen gesammelt, um sie ihm zu überreichen“, so der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Rotterdam am Vorabend zur taz.
IStGH ermittelt bereits
Der Antrag der Angehörigen unterstreicht, welche Bedeutung das internationale Recht im Krieg zwischen Israel und der Hamas inzwischen hat, nicht zuletzt für das Bild, das sich die Welt von diesem Krieg macht. Deutlich wurde das zuletzt, als Südafrika im Januar Israel am Internationalen Gerichtshof (IGH) der Vereinten Nationen, ebenfalls in Den Haag ansässig, wegen Genozids anklagte. Dieser verfügte per Eilantrag, Israel müsse Maßnahmen ergreifen, um einen Völkermord im Kriegsgebiet zu verhindern.
Im Fall des nur wenige Kilometer entfernten IStGh ist die Lage insofern komplex, als dieser seit März 2021 zu möglichen israelischen Kriegsverbrechen in den palästinensischen Gebieten ab 2014 ermittelt. Juraprofessor Robbie Sabel von der Hebrew University blickt vor diesem Hintergrund auf der Nachrichtenseite Times of Israel auf die Rolle von Chefankläger Khan: Dieser habe „einen Ruf als fairer und vernünftiger Anwalt, der zugleich aber „unter öffentlichem Druck“ stehe. Je mehr Informationen er bekomme, desto besser könne die Anklage ihre Untersuchungen durchführen.
Wegen des aktuellen Kriegsverlaufs meldete sich Khan zuletzt am Dienstag zu Wort. In einem auf X veröffentlichen Statement äußerte er sich „tief besorgt“ aufgrund israelischer Bombardements und der möglichen Bodenoffensive in Rafah. Khan betonte, die laufenden Ermittlungen würden „mit größter Dringlichkeit“ weitergeführt, um Verantwortliche für Kriegsverbrechen vor Gericht zu bringen. Ausdrücklich rief er Israel auf, das Kriegsrecht zu respektieren. Weiterhin forderte er „die sofortige Freilassung aller Geiseln“. Khan hatte Anfang Dezember Israel und Palästina besucht – mit der einfachen Botschaft, sicherzustellen, dass der Schutz des Rechts für alle gelte, wie er im Anschluss schrieb.
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