Klage gegen Siemens: Mobbing und Verleumdung

Die Klage der Exmanagerin Sedika Weingärtner gegen Siemens könnte ausgeweitet werden. Ihr wurde vorgeworfen, sie verharmlose den Holocaust – Verleumdung, meinen ihre Anwälte.

Sedika Weingärtner zwischen ihren Anwälten: Die Exmanagerin klagt gegen Siemens. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Anwälte der ehemaligen Siemens-Managerin Sedika Weingärtner erwägen, gegen Siemens Strafanzeige wegen Falschbeschuldigung zu erstatten. "Wir lassen momentan prüfen, ob der Straftatbestand einer Verleumdung vorliegt", sagte Klaus Michael Alenfelder, Professor für Wirtschaftsrecht und Leiter der Forschungsstelle für Arbeits- und Antidiskriminierungsrecht an der Fachhochschule Nordhessen, der taz.

Hintergrund der möglichen Strafanzeige ist eine Äußerung Sedika Weingärtners, die im Zusammenhang mit einem anderen Prozess steht. Derzeit verklagt die afghanischstämmige Einkaufsmanagerin, die bis zu ihrer Kündigung im Sommer 2009 in Nürnberg bei Siemens Industry als Strategin im "Global Procurement" gearbeitet hat, ihren früheren Arbeitgeber auf zwei Millionen Euro. Der Grund: Sie sei sieben Jahre lang von ihren Vorgesetzten gemobbt worden (die taz berichtete). In diesem Zusammenhang verglich Weingärtner ihr Leiden mit dem Leiden der Juden während der Nazizeit.

Sie habe von Anfang an auf das Mobbing gegen sich aufmerksam gemacht, sagt die 45-Jährige, die seit 1991 in Deutschland lebt. Ihr sei aber nicht geholfen worden. Daher habe sie sich sogar an Siemens-Chef Peter Löscher gewandt. In einem Schreiben an ihn habe sie dann ihr Leiden mit dem Leiden der Juden während der Nazizeit verglichen. Die Äußerung spielte beim Prozessauftakt im Arbeitsgericht Nürnberg vor zwei Wochen eine große Rolle. Das Unternehmen bestreitet die Mobbingvorwürfe. Diese seien laut Siemens-Pressestelle von den zuständigen Beschwerdestellen geprüft worden, könnten aber nicht bestätigt werden.

Stattdessen stand beim Prozessauftakt der NS-Vergleich im Vordergrund: Der Klägerin wurde vorgeworfen, sie verharmlose den Holocaust. Die Managerin bestreitet ihre Äußerung nicht, betont aber, dass diese im Zusammenhang mit ihrer Mobbing-Geschichte stünden.

Stefan Prystawik, EU-Koordinator des Europäischen Antidiskriminierungsrates, dem der "Fall Weingärtner" bekannt ist, weiß aus seiner Arbeit in der Nichtregierungsorganisation, dass Mobbingopfer häufig zu "drastischen Äußerungen" neigen. Er sagt: "Mobbing ist psychische Gewalt. Wenn sie jahrelang erfolgt, sind Betroffene vollkommen hilflos, so dass sie häufig zu extremen Maßnahmen greifen."

Weingärtners Anwälte sind nun der Ansicht, durch die starke Thematisierung des NS-Vergleichs und dessen Loslösung vom "Gesamtfall" sei ihre Mandantin möglicherweise verleumdet worden. "Dagegen könnte gegebenenfalls gerichtlich vorgegangen werden", sagte Alenfelder zur taz.

Siemens weist den Vorwurf der Diskriminierung nach wie vor zurück. "Mögliche Verstöße werden in jedem einzelnen Fall ernst genommen und konsequent verfolgt", sagte ein Pressesprecher. Weitere Kommentare möchte das Unternehmen mit Hinblick auf das laufende Verfahren nicht abgeben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.