piwik no script img

Kinoempfehlungen für BerlinDie subjektive Kraft

Ari Folmans „Waltz with Bashir“ erzählt vom Libanonkrieg 1982, ein Festival feiert das japanische Animationskino und das Arsenal die Filmarchive.

Waltz with Bashir (2008) Foto: Filmmuseum Potsdam

V on all den Filmen, die in Japan im Bereich Animationskino hergestellt werden, kommt bei uns nur ein Bruchteil auf die Leinwände – über die Jahre allerdings mit einem immer größeren Zuspruch einer sich ständig erweiternden Fangemeinde.

Die Reihe „Anime Berlin“ im Babylon Mitte trägt dieser Tatsache nun Rechnung und präsentiert vom 8. bis 18. Juni Filme aus den hierzulande populären Zweigen dieser Gattung: die ebenso wunderschönen wie intelligenten Familienfilme vom Studio Ghibli mit seinem Starregisseur Hayao Miyazaki (besonders schön: „Mein Nachbar Totoro“, 8. 6. und 13. 6., 20 Uhr, sowie „Kikis kleiner Lieferservice“, 10. 6., 14 Uhr), Science-Fiction-Klassiker wie „Ghost in the Shell“ (8. 6., 19.30 Uhr), oder auch spaßig-wuselige Fantasy-Kracher wie „Dragon Ball Super: Super Hero“ (8. 6., 17.30 Uhr, 13. 6., 18 Uhr), bei denen man ohne Fan-Kenntnisse schon nach kurzer Zeit den Überblick über die Figuren, ihre Motivationen und Fähigkeiten leicht verloren hat.

Und nicht zu vergessen sind natürlich die Geschichten um Oberschülerinnen und Oberschüler, die sich plötzlich in virtuellen Netzwerken oder komplexen Paralleluniversen wiederfinden, wie sie uns in den vergangenen Jahren immer wieder von Regisseuren wie Mamoru Hosoda („Belle“, 9. 6., 22.15 Uhr, 11. 6., 18.30 Uhr) und Makoto Shinkai („Weathering with You“, 9. 6., 20 Uhr, 14. 6., 19.30 Uhr sowie „Your Name“, 10. 6., 16 Uhr) erzählt wurden (Anime Berlin, 8.–18. 6., Babylon Berlin).

Eine ganz andere Art von Animationskino schuf der israelische Regisseur Ari Folman 2008 mit „Waltz with Bashir“: ein sehr persönlicher Dokumentarfilm über den Libanonkrieg des Jahres 1982, in dem Folman als einfacher junger Soldat zwar dabei gewesen war, seine Erlebnisse jedoch fast völlig verdrängt hatte.

tazplan

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Für seinen Film machte er sich auf eine vier Jahre währende Spurensuche, sprach mit Freunden, ehemaligen Kameraden und weiteren Zeitzeugen. Indem er sein faszinierendes Puzzlespiel in einer Comic-Ästhetik greller Farben mit der subjektiven Ebene von Albträumen und surreal anmutenden Erinnerungsfetzen zusammenbringt, gelingt dem Regisseur letztlich viel mehr als nur eine Aufarbeitung von historischen Ereignissen.

„Waltz with Bashir“ ist ein Antikriegsfilm, der in intelligenter Weise reflektiert und dabei stets irritiert und verstört. Gezeigt wird „Waltz with Bashir“ in der Sonderreihe „From Reel to Reel – Israel. Perspektiven aus 75 Jahren Filmgeschichte“ im Rahmen des Jüdischen Filmfests Berlin Brandenburg 2023, das sich vom 13. bis 18. Juni einmal mehr dem jüdischen Leben in Israel und der Diaspora widmet (13. 6., 21 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Bekanntlich begreift sich das Arsenal – Institut für Film und Videokunst e. V. mit seinem Kino Arsenal nicht nur als Abspielstätte audiovisuellen Materials, sondern betreibt auch archivarische Arbeit, die man dort mindestens ebenso wichtig nimmt.

Vom 8. bis 15. Juni findet zu diesem Thema nun das Festival „Archival Assembly #2“ statt: Filmvorführungen, Paneldiskussionen, ein Symposium sowie eine „How to know what’s really going on“ betitelte Ausstellung in der Betonhalle des silent green Kulturquartiers – sie alle befragen und erforschen Archive weltweit und widmen sich dem diesjährigen Motto des „Accidental Archivism“.

Eröffnet wird mit Teil 1 einer „Hommage an Petna Ndaliko Katondolo“, einen kongolesischen Filmemacher, der in seinen Arbeiten den kolonialen Blick des westlichen Kinos auf seine afrikanische Heimat verdeutlicht. Der Regisseur ist zu Gast und der Eintritt zu dieser Veranstaltung frei (8. 6., 20.30 Uhr, silent green Kulturquartier).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Lars Penning
Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!