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Kinkel erbost: An Irak-Geschäft unbeteiligt

■ Staatssekretär will Iraks Innenminister lediglich ein „Gastgeschenk“ überreicht haben / Freilassung des irakischen Wafffenhändlers Jebara erfolgte „völlig überraschend“ / Jebara untergetaucht

Von Andreas Zumach

Genf (taz) - Staatssekretär Klaus Kinkel im Bundesjustizministerium hat dementiert, daß er in seiner Zeit als Chef des BND Anfang der 80er Jahre an der Abwicklung von Rüstungsgeschäften mit der Regierung in Bagdad beteiligt bzw. bei der illegalen Ausfuhr von Waffen nach Irak behilflich gewesen sei. Die taz (am 13.8.) und das ARD-Fernsehmagazin 'Monitor‘ (am 14.8.) hatten über entsprechende Aussagen des irakischen Waffenhändlers Abdul Moneim Jebara sowie des ehemaligen leitenden Münchner Polizeidirektors Schmutterer berichtet. Beim 'Monitor' -Sender WDR traf gestern ein förmliches Begehren Kinkels auf Gegendarstellung ein.

Jebara, 1988 wegen illegaler Waffengeschäfte zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt, wurde diese Woche völlig überraschend aus einem bayrischen Gefängnis entlassen und sollte bis heute morgen null Uhr aus der BRD nach Österreich abgeschoben werden (siehe gestrige taz). Seine Behauptung, er sei jahrelang Kontaktmann des BND zu Geheimdienst und Regierung Iraks gewesen, wies Pullach zurück.

Gegen dieses Dementi spricht, daß ein Gerichtsvollzieher gestern in der Wohnung von Jebaras Frau Gegenstände im Wert von 800.000 Mark zu pfänden versuchte. Diese Summe schuldet Jebara dem Fiskus für eine Provision von 2,5 Millionen Mark, die er für die Vermittlung von Militärelektronik-Lieferungen in den Iran einstrich - die Lieferungen waren vom BND über die Münchner Firma Telemit abgewickelt worden. Angesichts des Polizeiaufgebots, das den Gerichtsvollziehers begleitete, ergriff Jebara die Flucht. Bis zum gestrigen Redaktionsschluß der taz tauchte er nicht wieder auf.

Im inzwischen eingestellten Ermittlungsverfahren gegen die Hamburger Firma Wenzel Hruby, über die Anfang der 80er Jahre die Lieferung von 600 Maschinenpistolen und GSG -Ausbildungshilfe an den Irak abgewickelt wurde, hatten Jebara und Schmutterer erklärt, der damalige BND-Chef Kinkel habe den Kontakt zu der Firma hergestellt. Kinkel wies dies als „falsch“ zurück. Auch die Aussage, er habe anläßlich eines Mittagessens mit dem irakischen Innenminister Sadour Shakir am 24. April 1982 in München dafür gesorgt, daß Shakir zuvor bei der Münchner Waffenfirma Krausser erworbene 75 Pistolen und 90 Revolver unbehelligt in seinen Privatjet auf dem Flughafen München-Riem laden und nach Bagdad ausfliegen konnte, dementierte er. Zwar habe das Mittagessen, bei dem Jebara dolmetschte, stattgefunden. Doch habe er in seiner Eigenschaft als BND-Chef Shakir lediglich „drei Revolver und sechs Gewehre“ als Gastgeschenk übergeben und seinen Mitarbeiter „Oberst Phillip“ veranlaßt, für die notwendigen Ausfuhrgenehmigungen zu sorgen. Die entsprechenden Unterlagen, erklärte Kinkel, lägen beim BND. Er habe sich positiven Einfluß auf die Freilasung eines seinerzeit im Irak inhaftierten Dolmetschers des Bonner Auswärtigen Amtes erhofft, begründet Kinkel das „Gastgeschenk“.

Jebara bleibt nach Auskunft seines Anwaltes „ohne Abstriche“ bei „allen seinen Aussagen“. Unklar bleibt auch nach den Erklärungen Kinkels, wer die Waffen wann bei der Firma Krausser eingekauft hat: Entweder der BND schon vor dem Besuch Shakirs in der Absicht, dem irakischen Innenminister ein „Gastgeschenk“ zu machen. Oder aber Shakir kaufte die Waffen zunächst ein, und Kinkel erklärte sie später zum Gastgeschenk, und der BND übernahm die Kosten. Tatsache ist: die Rechnung der Firma Krausser für die Waffen wurde nicht beim BND, sondern im Tresor Jebaras gefunden. Erst zwei Tage nach dem Treffen Kinkel-Shakir schickte der BND ein von „Oberst Phillip“ unterzeichnetes Schreiben an Krausser, wonach die Waffen als „Gastgeschenk“ gekauft worden seien. Nach Angaben von Jebaras Anwalt brauchte Krausser ein solches Schreiben, da der Firma eine Exportgenehmigung nicht vorlag. Jebaras Anwalt versuchte später vergeblich, den BND-Oberst Phillip als Zeugen vorladen zu lassen. Der BND verweigerte die Aussagegenehmigung.

Jebara ist nicht wegen Strafverschonung nach zwei Dritteln der Haft entlassen worden, wie der zuständige Oberstaatsanwalt Stocker erklärt hatte. Tatsächlich wurde eine Ausweisungsverfügung erteilt, nach der Jebara die BRD binnen einer Frist verlassen muß. Die noch ausstehende Reststrafe von zweieinhalb Jahren bleibt bestehen und tritt wieder in Kraft, sobald Jebara die BRD wieder betritt. Eine Strafverschonung hätte erst im September beantragt werden können. Die Reststrafe hätte dann zur Bewährung ausgesetzt werden und Jebara einen Antrag auf Asyl oder Daueraufenthalt in der BRD stellen können: Im Irak droht ihm wegen der bei diversen Waffengeschäften eingestrichenen Provisionen, die die Lieferungen für Bagdad erheblich verteuerten, die Todesstrafe. Nach Auskunft seines Anwaltes bot die Staatsanwaltschaft die Freilassung und Abschiebung Jebaras „völlig überraschend“ nach der Invasion Iraks in Kuwait an.

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