Kinderschutz: Eltern werden stärker kontrolliert
Wer ärztliche Untersuchungen des Kindes versäumt, kriegt Besuch vom Jugendamt.
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Der Tod des Säuglings Dennis aus Spandau hat noch einmal deutlich gemacht: Kinder müssen besser vor gewalttätigen oder überforderten Eltern geschützt werden. Damit Vernachlässigung und Misshandlung früher auffallen, hat das Abgeordnetenhaus am Donnerstagabend den Senat beauftragt, ein "verbindliches Einladungswesen" für Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt einzuführen.
Nach Angaben der kinder- und familienpolitischen Sprecherin der Linken, Margrit Barth, soll eine zuständige Stelle für Kinderschutz die Eltern per Brief zu den Untersuchungen einladen. Erscheinen sie nicht beim Kinderarzt, informiert dieser die Stelle. Eine erneute Aufforderung werde verschickt. Wenn die Eltern weiterhin nicht zum Arzt gehen, soll das Jugendamt alarmiert werden. "Die Mitarbeiter können dann schauen, ob es besorgniserregende Signale gibt", sagte Barth.
Einen Antrag der CDU, die Untersuchungen in den ersten Lebensjahren verpflichtend einzuführen, lehnte das Abgeordnetenhaus ab. Eine solche Pflicht verstoße gegen das Grundrecht der Eltern auf Erziehung, deshalb könne man auch keine Sanktionen verhängen. CDU-Familienpolitikerin Emine Demirbüken-Wegner kritisierte, Berlin unternehme zu wenig für den Kinderschutz. Die Hilfen zur Erziehung seien in den vergangenen Jahren um 40 Prozent gekürzt worden.
Der sieben Wochen alte Dennis war am Mittwoch nach schweren Misshandlungen gestorben. Gegen die 22-jährigen Eltern wurde Haftbefehl erlassen. Rechtsmediziner sehen die Todesursache in den Folgen "massiver Gewalteinwirkung", sie fanden auch ältere Verletzungen. Das geplante Kontrollsystem hätte den Tod von Dennis vermutlich auch nicht verhindert. Der Spandauer Jugendgesundheitsdienst war bereits alarmiert. Eine Mitarbeiterin hatte die Familie in der vergangenen Woche besucht. Es heißt, sie hatte einen "guten Eindruck" von Wohnung und Kind.
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