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Kinder in Hartz-IV-FamilienBildungskarte statt Bargeld

Per Chipkarte sollen bedürftige Kinder Hefte, Nachhilfe oder Mittagessen bezahlen, plant Familienministerin von der Leyen (CDU). Aus dem eigenen Lager kommt Kritik.

Vorbild für eine bundesweite Chipkarte: Die so genannte FamilienCard der Stadt Stuttgart. Bild: dpa

Kinder aus Familien, die Leistungen nach dem Arbeitslosengeld II (Hartz IV) beziehen, sollen künftig per elektronischer Chipkarte die Möglichkeit haben, Bildungsangebote wahrzunehmen. Mit diesem "Bildungspaket" werde man "unkompliziert und unbürokratisch dafür sorgen, dass die Leistung auch tatsächlich zum Kind kommt", erklärte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gestern in Berlin. Mit dem Paket erfülle man auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Neugestaltung der Hartz-Regelsätze.

Das Paket setzt sich nach den Plänen des Bundesarbeitsministeriums (BMAS) aus vier Säulen zusammen. Kinder sollen demnach per Guthaben auf der Chipkarte Nachhilfeunterricht, Schulmittel, Mittagessen oder Kultur- und Freizeitangebote wie Sportvereine oder Musikschulen bezahlen können. Wie viel dieses Bildungspaket insgesamt kosten wird, konnte das BMAS am Montag noch nicht mitteilen.

Von der Leyen verwies jedoch erneut auf die halbe Milliarde Euro, die vorsorglich pro Jahr für nötige Mehrleistungen im Hartz-IV-System eingeplant seien. Das Bildungspaket, auf das ab 1. Januar 2011 ein Rechtsanspruch bestehen soll, sei eine Leistung, die zusätzlich zum Hartz-IV-Regelsatz für Kinder erbracht werde, stellte die Ministerin fest. Wie hoch allerdings der Regelsatz für Kinder und Erwachsene künftig ausfällt, werde erst feststehen, wenn im Herbst die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 vorliege und alle Berechnungen abgeschlossen seien.

Klar ist, dass nicht jedes der rund zwei Millionen Kinder, welches Hartz IV bezieht, für jeden der vier Bildungsbereiche das gleiche Guthaben erhält. So soll der Nachhilfebedarf beispielsweise künftig individuell zwischen Eltern, Jobcenter und Schule ermittelt werden. Einen finanziellen Zuschuss für das Mittagessen erhalten nur solche Kinder, die in Ganztagsschulen oder -kitas gehen. Auf der elektronischen Chipkarte können demnach verschiedene Konten gebildet und je nach Bedarf aufgeladen werden.

Auf die Jobcenter wird mit dem Modell mehr Arbeit zukommen: Familienlotsen sollen dort künftig Bildungs- und Lernförderangebote in den Kommunen koordinieren und den jeweiligen Bedarf pro Bildungsbereich in Rücksprache mit den Schulen, Eltern und Kommunen ermitteln.

Aus den eigenen Reihen erntete von der Leyen Kritik dafür, dass Kinder oder deren Eltern künftig per Chipkarte auf Sachleistungen zugreifen sollen. Von der Entmündigung der Bürger und einem "Super-Nanny-Staat" sprach beispielsweise Hans Michelbach, Sprecher der CSU-Mittelstandsunion. Peter Weiß, Chef der Arbeitnehmergruppe der CDU-Bundestagsfraktion, warnte vor "Diskriminierungen" der Eltern.

FDP-Politiker, darunter Partei-Chef Guido Westerwelle, signalisierten von der Leyen hingegen ihre Unterstützung.

In ersten Modellregionen sollen die Chipkarten bereits Anfang oder bis spätestens Mitte 2011 erprobt werden.

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9 Kommentare

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  • A
    Anja

    Habe zwei kinder. Was nützt z.b.kostenloser Zooeintritt wenn man kein Geld Für den Bus hat? Mama muss ja Auch mitfahren! Ausserdem sieht man ja dann den betroffenen Kindern gleich an das Familie Hartz VI bekommt wenn sie jedesmal die Karte vorzeigen müssen! Dann haben "reichere"kinder gleich wieder Grund zu lästern und zu mobben! aber daran denken Politiker nicht. Die haben ja nicht solche Probleme!

  • M
    mamimal5

    hi ich habe gleich fünf kidds beschwere mich ja nicht aber die müssen von stadt zu stadt unterschiedlich rechnen mit der bildungskarte da ich zb für 2 schulkinder 1,81 bez. der andere da gibts leider kein schulessen und das krippenkindchen 1.50 am tag essen das sind mehr als 200 euro musik zb bei uns 50 euro im monat bei einer musikschule oder sport auch fast 40 euro im monat also die müssen ja erst mal sehen wo du wohnst und die REALEN PREISE sich mal anschauen :) denn es gibt nichts für kinder mit 1 EURO :) die müssen doch nichts aus eigener tasche bez.aber denken so die ham ja genug und wofür ??

    meine kinder essen jeden Tag in der schule mit und im kmita auch wenn es knapp wird aber sie kommen bei mir an erster stelle erst solln se nachschauen wer geld sinnlos ausgibt dann rechnen mein mann geht auch arbeiten volltags aber es reicht nicht somit bekomm ich alg2 noch naja die hams ja :)

  • E
    Eva

    hungrig, ohne hose, aber im museum... erziehungsgeld, das nur arme bekommen haben erst mal in elterngeld umbenennen, den reichen 1800 mtl geben, 300 euro mtl (erst 12 monate und jetzt weitere 12 monate) allen armen streichen und dann mit 200 euro im jahr werben. was ist mit fahrkosten und nicht nur für das kind (das kind muss doch hingebracht werden), was ist mit sport-schwimmbekleidung, musikinstrument (wenn die 200 euro überhaupt für musikunterricht reichen)? dann dazu gehören auch ausflüge mit der gruppe.. wo lebt die frau von der leyen? wie wäre es mit "einfach den menschen vertrauen und das geld auf das konto überweisen.." "schwarze schafe" gibt es nicht nur unter hartz4 - man soll der mehrheit vertrauen!! mehr ganztagsschulen, die viele angebote enthalten und ein ausgebildeter peronal, die museen-, schwimm- und und besuche nach bedarf gestaltet.

    in der chipkarte soll auch schulessen mitenthalten sein, sagt die frau - aha- 40 wochen x 1 euro/tag sind doch schon 200 euro. und noch den "bildungslotzen" in den jobcentern durchfüttern? mehr geld in die ganztagsschulen ist das mindeste, geld auf die hand und das alte erziehungsgeldregelung!

  • JG
    Jörn-Derek Gehringer

    Dann müßte aber auch zumindest ein Teil des normalen Kindergeldes u.ä. Leistungen mit dieser Karte ausgeschüttet werden. Wer garantiert denn, das nicht-prekäre Eltern das Geld auch für ihre Kinder verwenden ? Alles in allem macht der Vorstoß nur Sinn, wenn er auch von Normalverdienern genutzt wird und somit nicht diskriminierend wirkt.

  • E
    EnzoAduro

    Warum soll man Familien Guthaben für den Zoo schenken? Warum senkt man nicht einfach den Eintritt für Familien?

    Wozu brauchen wir weitere Kärtchen?

  • A
    audio001

    Das ist doch nur noch Realsatire...

     

     

    Diese schwarz/gelbe Regierung verweigert sich Mindestlöhnen, die für ArbeitnehmerInnen eine angemessen Entlohung sicherzustellen und sie unabhängig von ALG II Leistungen machen würde!

     

    Diese schwarz/gelbe Regierung, die offensichtlich unfähig ist für eine ausreichende Anzahl von angemessen entlohnten Arbeitsplätzen in diesem Land zu sorgen;- die gleiche schwarz/gelbe Regierung, die ArbeitnehmerInnen einen angemessenen Mindestlohn und eine Unabhägigkeit von ALG II Leistungen verweigert, will nun diese ArbeitnehmerInnen mit "Bildungs-Chipkarten" weiter "gängeln"!

     

     

    Das ist doch ein Vorgehen, dass kurz davor steht, die Grenze zum politischen Schwachsinn zu überschreiten!?

  • T
    Trixie

    wer stellt diese chipkarte her und was nimmt er für gebühren für die transfers der daten zur buchung? mit wem in der regierung ist er befreundet?

  • B
    bigbull

    Bildungskarte?

    Damit bin ich einverstanden.

     

    Voraussetzung ist jedoch:

     

    Sämtliche jetzige und zukünftige Politikerinnen

    und Politiker zeigen dem deutschen Volk ihre

    Qualifikation anhand einer Bildungskarte auf.

     

    Wer oder was bleibt übrig?

  • T
    tazitus

    Und aus welcher Organisation stammen Idee und Umsetzung? Wer liefert und installiert die notwendige Hardware und Software? Kartenleser und online-Anschluss in jeder Turnhalle? Wo kann man die leyen? Welche Finanzdienstleister machen die Abrechnungen? Wer verdient daran? ....mann?

    Ein Fall für Thomas Schuler!

     

    Und wie soll Missbrauch verhindert werden?

    Wer zu blöd ist, eine solche Karte wie Bargeld zu handhaben, sollte aber schnellstens Nachhilfe bekommen.