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Kinder fragen, die taz antwortetWarum liegt in Berlin überall Müll?

Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche beantworten wir eine. Diese Frage kommt von Claire, 5 Jahre alt.

Die Ber­li­ne­r:in­nen haben keine Manieren! Müll und leere Verpackungen am Straßenrand Foto: Müller-Stauffenberg/imago

Du bist nicht die Einzige, die sich diese Frage stellt, liebe Claire. Immer wieder sehen wir auf Berlins Straßen Zigarettenstummel, Glasscherben oder auch mal größeren Müll, zum Beispiel ein zerkratztes Sofa oder eine kaputte Lampe.

In anderen Ländern gibt es Gesetze, damit die Straßen nicht so dreckig aussehen. Auf einer Insel namens Singapur ist es zum Beispiel sehr sauber. Das liegt unter anderem daran, dass die Menschen dort noch nicht mal Kaugummi kauen dürfen, weil es ja auf der Straße landen könnte. Tut man es doch, kann man verhaftet werden.

In einem Land namens Japan dürfen Menschen, die rauchen, nur an erlaubten Orten ihre Zigarette anzünden. Wenn sie trotzdem auf der Straße rauchen und von der Polizei erwischt werden, müssen sie eine Strafe bezahlen. In Deutschland gibt es auch Gesetze, dass man den Müll nicht auf den Boden werfen darf, aber das kontrolliert fast niemand.

Es gibt hier aber auch Menschen, die den Müll wegräumen. Das sind Leute von der Stadtreinigung. In Berlin gibt es auch eine Stadtreinigung, wahrscheinlich hast du sie auch schon mal gesehen. Sie tragen orangefarbene Kleidung und fahren mit einem großen Auto bis vor dein Haus, um die Mülltonnen im Hof zu leeren. Sie kümmern sich auch um die Mülleimer, die auf den Straßen aufgestellt sind, und putzen ab und zu die Gehsteige mit kleinen Fahrzeugen. Sie werden von Steuern bezahlt; das heißt, wir alle geben den Leuten Geld dafür, damit sie Berlin sauber halten. Und diese Menschen machen ihren Job gründlich.

Warum ist es dann trotzdem so dreckig?

Der Grund, warum es trotzdem so dreckig ist, ist ganz einfach: Zu viele Erwachsene in Berlin haben keine Manieren. Sie schmeißen ihren Müll einfach auf den Boden. Zum Beispiel solche, die viel rauchen. Oft sind sie zu faul, um ihre Zigarette bis zum Mülleimer zu bringen. Sie lassen sie auf den Boden fallen, treten einmal drauf und glauben vielleicht, dass die Zigarette danach magisch verschwindet. Das tut sie aber nicht. Sie bleibt da liegen, solange niemand kommt und sie aufräumt. Dasselbe gilt für Kaffeebecher, Plastiktüten, Taschentücher, alte Stühle, Kühlschränke oder anderes Zeug.

Müll auf den Straßen sieht aber nicht nur doof aus. Manchmal verwechseln Vögel oder andere Tiere ihn mit Futter und werden dadurch krank. Wenn jeder Mensch seinen Müll vernünftig in den Mülleimer werfen oder nach dem Picknick im Park wieder mit nach Hause nehmen und dort wegwerfen würde, hätten wir dieses Problem nicht.

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5 Kommentare

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  • Broken-Windows-Theorie…



    Hier in Friedrichshain ist es vermutlich auch politisch gewollt, es gibt z.B. zu wenig öffentliche Mülltonnen, und die werden zu selten geleert. Also ich denke, die verantwortlichen Kommunalpolitiker wollen einen dreckigen Kiez, das ist vielleicht ihr Verständnis von „grün“. Dass es auch ganz anders geht, auch in touristischen Hotspots, kann man in anderen Städten sehen. Aber auch in Berlin gibt es große Unterschiede zwischen den Bezirken. Müllhotspots hier in Friedrichshain sind z.B. die Bahnhöfe Ostkreuz und Warschauer Straße. Kommt man vom Eingang Sonntagstr./Simplonstraße in den Bahnhof (Ostkreuz), oder verlässt ihn dort, ist schon das ganze Gelände davor ein ewig schmuddeliges Provisorium, wo man sieht, dass weder Bahn noch Bezirk oder Senat auf Sauberkeit und eine angenehme Optik setzt an diesem Ort, und so eine quasi Müllhalde als Eingangspforte signalisiert den Menschen natürlich nicht, dass man hier auf Sauberkeit Wert legt.

    • @Klaus Mann:

      Das absurde ist, dass Müll ja gerade nicht grün ist. Es ist schlicht und einfach Umweltverschmutzung. Wenn am Landwehrkanal eine Chemiefabrik läge, würde man die Einleitung ungeklärter Abwässer ja auch nicht zu Berliner Lokalkolorit verklären. Aber nassgeregnete Matratzen auf dem wilden Sperrmüll und die ganze Flut an Graffiti und Tags, von denen 99 Prozent eben keine Street Art und auch nicht politische Botschaften, sondern visueller Dreck sind, werden romantisiert.

      Ansonsten: Die Broken-Window-Theorie ist mittlerweile nur nach halb wahr.

      Es stimmt, dass eine tolerierte Vermüllung sofort weitere nach sich zieht und so das Problem immer weiter zunimmt.

      Leider senkt das aber nicht die Mieten oder sorgt für eine "De-Gentrifizierung". Was wiederum genau an der oben beschriebenen Verklärung liegt. Man will eben da leben, wo Berlin besonders berlinig ist, und das ist nach Aussage der 90er-Jahre-Romantiker eben da, wo es besonders dreckig ist.

      Im Grunde ist Müll Gentrifizierung.

  • Tolle Frage! Das denke ich auch jedes Mal, wenn ich die Sperrmüllhaufen rund um die Glaskontainer sehe…

  • Es ist noch zu ergänzen:

    In Berlin werden Menschen, die ihren Müll einfach so auf die Straße und in die Natur werfen, leider fast nie bestraft. Es gibt auch viele Menschen, die sagen: "Berlin bleibt dreckig" und die glauben, dass Müll und Dreck etwas sind, was in Berlin dazugehört und dass sie verhindern, dass z.B. Mieten immer höher werden. Das stimmt aber beides nicht. Früher war Berlin viel saubererer und die Mieten waren trotzdem niedriger.

  • In Preussen konnte man früher auch mal vom Trottoir speisen. ;)