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Kiffen in BerlinUnter Henkel wird das Dope leichter

Der THC-Gehalt in Gras und Hasch sei gesunken, meint der Berliner Innensenator. CDU-Vertreter denken dennoch über eine verschärfte Rechtslage nach.

Cannabis macht nicht unbedingt schöne Fingernägel. Bild: dpa

BERLIN taz | „Das Gras wird immer stärker“, ist eine der hartnäckigsten Kifferlegenden. Sie wurde nun widerlegt – durch die Senatsverwaltung für Inneres unter CDU-Chef Frank Henkel. Dessen Antwort auf eine Kleine Anfrage der Piraten im Abgeordnetenhaus zeigt: Der Wirkstoffgehalt in von der Polizei beschlagnahmten Cannabisprodukten hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert; zuletzt war der sogar leicht rückläufig.

„Das Märchen vom immer härteren Gras bemühen all jene, die eine stärkere Verfolgung der Konsumenten wollen“, sagte der Sprecher für Sucht- und Drogenpolitik der Piraten-Fraktion, Simon Kowalewski, der taz.

Eine Verschärfung der Berliner Rechtspraxis bei privatem Cannabisbesitz brachten im Mai Innensenator Henkel und Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) ins Gespräch: Denkbar sei, die hier geltende Grenze für Straffreiheit von 15 auf 6 Gramm zu senken, hieß es damals. So könne der Senat dem womöglichen Bedarf nach einer bundesweit einheitlichen Regelung gerecht werden.

Die meisten Länder verfolgen Konsumenten bei mehr als 6 Gramm Besitz, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen erhöhten zuletzt auf 10 Gramm. In Berlin stellt die Staatsanwaltschaft pro Jahr etwa 5.000 Verfahren ein, weil die jeweils beschlagnahmte Grasmenge gering ist.

Heilmann bemüht sich derzeit, das Thema auf die Tagesordnung der Konferenz der Landesjustizminister im November zu bringen. „Die 6 Gramm sind nicht tot, wir bleiben an der Vereinheitlichung dran“, sagte eine Sprecherin Heilmanns am Montag der taz.

Die Entwicklung des für die Rauschwirkung entscheidenden THC-Gehalts in beschlagnahmten Berliner Cannabisprodukten bietet indes keinen Anlass, härter gegen Kiffer vorzugehen. Knapp unter 10 Prozent lag der THC-Anteil bei Haschisch in den vergangenen sieben Jahren, 2011 ging er gar auf 8,15 Prozent zurück. Bei Cannabisblüten variierte der Wirkstoffgehalt kaum, er lag seit 2003 stets zwischen 11 und 13 Prozent. Das beschlagnahmte Cannabiskraut enthielt 2011 im Durchschnitt sogar nur knapp 3 Prozent THC.

Außerdem zeigen die vom Senat vorgelegten Zahlen, dass die Berliner Polizei ihre Cannabis-Beute seit Anfang der 90er Jahre kräftig erhöht hat: Beschlagnahmten die Beamten 1994 4 Kilogramm Marihuana und 85 Kilo Haschisch, waren es 2011 schon 280 und 96 Kilo. Besonders erfolgreich sind die Drogenfahnder in diesem Jahr: Bis Ende Juni kassierten sie bereits 260 Kilo Gras und 170 Kilo Hasch.

In Berlin bestehe offensichtlich ein hoher Bedarf an Cannabis, folgert Pirat Kowalewski: „Dass Konsumenten diesen entweder von kriminellen Strukturen abdecken lassen oder selbst auf Kleingärtner umschulen müssen, ist wenig hilfreich.“ Kowalewski fordert die Einführung sogenannter Cannabis Social Clubs, in denen Konsumenten sich zu gemeinschaftlichem Anbau unter staatlicher Kontrolle zusammenschließen können. So ließe sich auch eher vermeiden, dass Minderjährige an Cannabis gelangen oder dieses mit gesundheitsgefährdenden Substanzen gestreckt werde.

Eine Verschärfung der Strafverfolgung hält auch der Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Drogenpolitik bei den Grünen, Tibor Harrach, für kontraproduktiv: „Schon jetzt greifen Konsumenten zunehmend zu bedenklichen Legal-High-Produkten, um keinen Ärger mit der Polizei zu bekommen.“ Legal Highs, meist dubiose Kräutermischungen, lassen sich per Internet bestellen und sind bei Drogentests oft nicht nachweisbar. Allerdings ist ihre Zusammensetzung selten bekannt, Überdosierungen sind oft die Folge.

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20 Kommentare

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  • R
    ripopgodazippa

    Ich kann die Panikmache um den THC-Gehalt nicht verstehen. Spirituosen haben doch einen höheren Alkoholgehalt als z.B. Bier, und trotzdem kippt es keiner runter wie Bier.

     

    Genauso, verhält es sich mit dem THC-Wert. Wer breit genug ist, legt den Joint beiseite - und fertig.

     

    Was hier betrieben wird ist reine Propaganda die uns suggerieren will, wie gefährlich diese Pflanze sei. Die Leute lassen sich aber nicht mehr für Blöd verkaufen. Man merkt das ein anderer Wind um uns herum weht.

     

    Österreich, Schweiz, Spanien, Tschechien, Portugal sowie die USA haben es kapiert!

     

    Wann ist es endlich bei uns soweit?

     

    Deutschland kann den Wandel nicht länger ignorieren. Und da ich an dieses Land glaube, bin ich mir sicher, dass am Ende Vernunft und Aufklärung siegen werden. Das war so und wird immer so sein.

     

     

    p.s.:

     

    Außerdem, bringt die Kriminalisierung nur Nachteile mit sich. Es werden mit überzogenen harten Gerichtsurteilen, die jeglicher Menschlichkeit entbehren, ganze Existenzen verbaut. Ganz zu schweigen von den Steuergeldern die für diesen Unsinn ausgegeben werden. Das Geld wäre in neuen Krippenplätzen oder den Energiewechsel besser angelegt. Auch schafft die Entkriminalisierung neue Arbeitsplätze u. die kontollierte Abgabe an Erwachsene spült zusätzliche Einnahmen rein.

     

    Gebt endlich das Hanf frei!

  • RT
    royal ts

    Als langjähriger Konsument mache ich in letzter Zeit die Beobachtung, dass das z.Z. angebotene Gras um einiges stärker wirkt als das, was i.d.R. vor 4-5 Jahren verkauft wurde. Gefühlt ist es also schon deutlich potenter geworden. Wenn möglich, und da bin ich in meinen Kreisen nicht der einzige, versuche ich, die weniger potenten Sorten zu bekommen. Denn dieses sog. Haze macht einen oft platter als man werden wollte ...

    • H
      Hanfie
      @royal ts:

      Leider wird meiner Erfahrung nach auch immer öfter niederpotentes Gras mit künstlichen Cannabinoiden versetzt (z.B. "Hazespray")

  • P
    Peter

    Das Festhalten am Verbot von Hanf zeigt wie unsachlich und verbohrt die CDU ist...

    Es gab noch keinen Toten durch THC, eine tödliche Dosierung ist bisher nicht erreicht worden - im Gegensatz zu Alkohol.

     

    Verbietet besser das Oktoberfest - die größte Drogenparty der Welt! Gefeiert wird dort eine Droge die zu zehntausenden Toten jedes Jahr führt.

     

    Hanf ist im Verhältnis dazu harmlos!

  • T
    tomas

    moin. moin...,

     

    in Uruguay liegt dem Parlament ein Gesetztenwurf zur Abstimmung über die Legalisierung von Canabis vor.

    In diesem der Staat die Herstellung, die Produktion

    sowie den Verkauf von Hanfblüten übernimmt.

    ( Quelle "HANF JORNAL" Sept. 2012)

     

    In Deutschland ist der Kampf zwischen Pharmalobby u.

    Naturfreunden noch nicht entschieden.

    PHARMALOBBY will SYNTHETISCHES canabis in den MARKT

    pumpen..., macht euch schlau, damit meine ich auch

    die TAZ...,

     

    bis denne

  • D
    dandeejay

    Unschuldige Menschen dürfen nicht kriminalisiert werden! Hanf ist ein wertvolles Kulturgut in vielerlei Hinsicht. Staatliche Steuer statt Kreuzfeuer und Paranoia!

  • D
    Dieter

    Es ist wirklich zum heulen! Da wird wegen ein bischen THC der ganze Polizeiaparat in Marsch gesetzt. Die Bundesdeutsche Drogenpolitik ist in sachen Hanf so Retro, mir fehlen schon lange die Worte. In meinem Bekanntenkreis (alle zwischen 40 und 60) ist Cannabis so selbstversändlich wie eine Flasche Wein. Wir gehören trotzdem zum arbeitsamen Teil der Bevölkerung.

  • BB
    Bono Beau

    WIR RETTEN DEN EURO

     

    Mir schwant, eine europaweite Initiative für die Legalisierung könnte das Angebot machen. Alle Steuereinnahmen aus Anbau und Verkauf in europäische Fonds für den Wiederaufbau nach dem Shitstorm der NeoCons. Hätte doch was! Es würde sich rechnen.

  • X
    XSirSmokeX

    Nu wegen so einem bisschen Kraut was noch keine toten zur folge hatte, das ohne das beimischen von Tabbak nichtmal mehr großartig schädlich für die Lunge ist, das haufen sinnlose Gelder für Justiz, Überwachung und Co. fordert, hat schon so mancher oder besser gesagt schon einige ihre Existenz verloren...und das nur weil sie gern mal high sind oder es mal sein wollten.

  • S
    Sumpfling

    Eine Legislative die in derartig unsinniger Weise an den Bedürfnissen und Gewohnheiten ihres Souveräns vorbeiregiert sollte sich über eine zunehmende Politikverdrossenheit nicht wundern.

    Und die Kosten dieses ideologisch motivierten Blödsinns, die durch Repressionsapparat und minderwertige Schwarzmarktware entstehen, müssen letztlich von der Allgemeinheit beglichen werden, während der Verkauf legaler Substanzen auch dem Steuersäckel zugute kommt.

  • V
    viccy

    Raucht ihr noch, liebe taz-Autoren? Oder glaubt ihr heute einer "CDU-Studie" übers (angeblich so milde) Kiffen?

     

    times are changing?!

  • M
    Michelle0815

    Interessanter Artikel, der unter Anderem auf die Tatsache hinweist, dass Cannabisprodukte entgegen der allgemeinen Meinung in den letzten Jahren nicht an Wirkstoffgehalt zugelegt haben (habe ich ehrlich gesagt bis heute nicht gewusst, von daher, danke für die Info).

    Problematisch finde ich allerdings wie in dem Artikel die Begriffe "geringe Menge" in Zusammenhang mit "Straffreiheit" verwendet werden.

    Bei einer geringen Menge KANN die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen, sie MUSS es aber nicht.

    De facto ist also immer noch jeder Konsument, der geringe Mengen Cannabis besitzt in den Augen des Staates ein Krimineller (es ist übrigens auch keine Seltenheit, dass der Besitz von geringen Mengen Cannabis zu einer Verurteilung führt).

  • H
    Hiramas

    Immer öfter lässt sich die Unfähigkeit alteingesessener Politsoldaten blicken, sich auf neue, moderne und verändernde Situationen einzustellen. Die Verfolgung von Cannabisdelikten kostet Unmengen Geld, verstopft international Justiz und Gefängnisse und die in die Illegalität gedrängten Konsumenten (die sich einfach nicht abschaffen lassen wollen) vergiften sich durch gepantschte Ware.

    Die Prohibition ist gescheitert. Was nun?

  • T
    T.V.

    Falls das suggeriert werden soll durch die Bildunterschrift: Finger (und -nägel) färben sich durchs Tabakrauchen gelb, Hanf fehlt da der Nikotingehalt.

  • T
    Thomas.N

    Es wird mal wieder die geringe Menge genannt, und von Vereinheitlichung gesprochen so so........

     

    Das aber auch schon bei geringeren Mengen über die Verwaltungsbehörden der Führerschein entzogen wird, findet in den Medien wenig Intresse.

    Ebenso ist es gängige Praxis das beim erste Vergehen schon eine MPU gefordert wird.

    In einigen Bundesländern wird der Führerschein auch dann entzogen obwohl nie ein Nachweis einer Drogenfahrt sondern eben nur der Besitz einer "geringen Menge" nachgewiesen wurde.

     

    Stellen sie sich einmal vor,jeder der mit "legalen" Drogen im Straßenverkehr das erste Mal erwischt wird bekäme den Führerschein nicht für 1 Monat sondern für min 6 abgenommen und wird zur MPU verdonnert. Wie groß wäre da der Aufschrei......

  • L
    Lutz

    Alle paar Monate kommt mal vereinzelt ein Beitrag zum Thema Cannabis heraus, der keine Lange Nase hat. Man könnte noch ergänzen, dass laut dem "definitiven deutschen Hanf-Handbuch" vom "Grünen Zweig" aus dem Jahre 1973 bereits von einem THC Gehalt von bis zu 16% bei Cannabisblüten die Rede ist. Auch Hanföl mit über 30% THC ist dort verzeichnet.

    Sehr lustig ist, dass unsere sehr geehrte Bundesdrogenbeauftragte, Frau Dyckmans, auf Abgeordnetenwatch von einer ständigen Steigerung des THC Gehaltes spricht, und dies mit den Reitox-Daten untermauert, die das Gegenteil beweisen.

    Die deutsche Drogenpolitik ist ein elendiges Kasperletheater. Leider wird sie das auch bleiben.

  • A
    aXXL

    Wem nichts Besseres einfällt als Dope-Konsumenten zu verfolgen und zu bestrafen, obgleich selbst die Bundesdrobse Dyckmans inzwischen einräumen muss, dass die Anwendung des BtM-Gesetzes bislang nicht zur Verminderung oder gar zur Ausmerzung des Cannabis-Angebots geführt hat, der sollte zur Total-Abstinenz von legalen Rauschgiften (Nikotin und Alkohol) nicht unter zwei Jahren verurteilt werden. Selbstverständlich ohne Berufungsmöglichkeit.

  • B
    Brennessel

    Das schlimme an der Diskusion ist, dass der medizinische Nutzen von Cannabis immer unter den Tisch fällt. Die meisten Patienten mit chronischen Schmerzen werden mit Opiaten zugeballert, obwohl kiffen viel ebkömmlicher und anregender wäre.Zudem auch noch billiger. Eine Verschärfung der Gesetze hätte zudem eh keinen Sinn. Das sieht man ja an anderen Drogen, wie Chrystal oder Koks. Wers sich reinziehen will, der tuts auch, egal ob der Knast droht.

  • D
    DonMuh

    Hanf legalisieren = den Markt für Erwachsene regulieren!

     

     

    WAS bitte sind am Umgang mit Cannabis die Wesensmerkmale einer Straftat im Sinne der Rechtsauffassung eines freiheitlichen Rechtsstaates?

     

    WIE kann ein freiheitlicher Rechtsstaat Teile seiner Bürger für ein Verhalten zu Kriminellen erklären, welches weder Leben, Gesundheit, Ansehen oder Eigentum eines Anderen Schaden zufügt?

     

    Die Legal Highs sind die Folgen des Cannabisverbots!

  • DD
    DJ Dope

    Gebt das Hanf frei !