Kiel-„Tatort“: Gewaltporno ohne Not
Ein Schulleiter verbrennt und die Kamera hält voll drauf. Im aktuellen Kiel-„Tatort“ ermittelt Kommissar Borowski im Milieu der dänischen Minderheit.
Anfangs scheint es, als hätten Autor Daniel Nocke und Regisseur Lars Kraume der Versuchung widerstanden, den Titel ihres „Tatort“-Beitrags naturalistisch umzusetzen. Der Film eröffnet mit Bildern einiger Kinder, die aus sicherer Entfernung ein lodernd abbrennendes Haus beobachten. Wenn hernach eine verkohlte Leiche gefunden worden wäre, hätte das vollends genügt.
Nicht so im Kiel-„Tatort“, wo Menschen zerstückelt, aufgespießt und nun eben auch lebendig verbrannt werden. Auch wenn Erfolgsautor Henning Mankell dieses Mal nicht die Feder führte, bleibt die zuständige Redaktion dessen Masche treu, eine Geschichte gewaltpornografisch aufzubauschen. Ganz ohne Not, wie sich zeigt.
Der brennende Mann ist Leiter der dänischsprachigen Schule in Schleswig. Roland Schladitz (Thomas Kügel), Klaus Borowskis (Axel Milberg) Freund und Vorgesetzter, wird Zeuge des grausamen Geschehens. Ein anonym zugesandtes Foto hat ihn nach Schleswig gelockt. Verstört ordert er Verstärkung aus Kiel, um den Fall zu untersuchen. Kriminaltechniker hatte er bestellt, aber Borowski und Sarah Brandt (Sibel Kekilli) kommen gleich mit.
Eigentlich liegen die Ermittlungen in den Händen von Kommissarin Einigsen (Lisa Werlinder), die der dänischen Minderheit angehört. Sie idolisiert Borowski und bringt den bärbeißigen Hagestolz mit ihrem quirligen Charme ziemlich aus der Fasson, zumal sein Verhältnis zu Sarah Brandt gestört ist, da die weiterhin ihre Epilepsie verschweigt.
Im komplexen Verhältnis der Figuren liegt die Stärke dieses Krimis, desgleichen in genau beobachteten Situationen, klugen Details und der Darstellung einer Form von Polizeiarbeit, in der nicht jede Information auf Knopfdruck aus dem Computer kommt. Und wenn ein paar Handlungsmomente an Adler-Olsens „Schändung“ erinnern, dann handelt es sich gewiss um einen Streich des Zufalls.
„Tatort: Borowski und der brennende Mann“; Sonntag, 20.15 Uhr, ARD
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