Keylogger-Affäre in der taz: Spähaktion landet vor Gericht
Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen einen früheren taz-Redakteur erhoben. Er soll Redaktionscomputer ausgespäht haben.
Voraussichtlich im Januar wird das Amtsgericht Berlin-Tiergarten über den Fall verhandeln. Ein Gerichtssprecher bestätigte auf Nachfrage, dass bereits ein Prozesstermin vorgesehen sei, der sich derzeit noch in der Abstimmung befinde. Das Ausspähen und Abfangen von Daten wird gemäß Paragraf 202a und b des Strafgesetzbuches mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei beziehungsweise zwei Jahren Haft oder mit einer Geldstrafe geahndet.
Am 18. Februar 2015 war Sebastian Heiser dabei beobachtet worden, wie er den Überwachungsstick von einem Redaktionscomputer abzog. Die taz entließ daraufhin den langjährigen Redakteur und erstattete Anzeige. Ein Keylogger ist ein kleines Gerät, das einem USB-Stick ähnelt. Wird es zwischen Tastatur und Computer angebracht, zeichnet es unbemerkt sämtliche Tastaturanschläge auf und ist damit etwa zum Entwenden von Nutzernamen und Passwörtern geeignet. Der Fall hatte auch deshalb besonderes Aufsehen erregt, weil Sebastian Heiser ein anerkannter Investigativjournalist war, der auch Verfehlungen in der Medienbranche scharf kritisierte.
Zu den Vorwürfen wollte sich Sebastian Heiser auf taz-Anfrage nicht äußern. „Herr H. hat sich bislang durch Schweigen verteidigt“, teilte sein Anwalt Carsten Hoenig schriftlich mit. Hinsichtlich des Prozesses erklärte Hoenig: „Das Erscheinen zum Termin ist nur eine Variante von mehreren. Wie sich Herr H. positionieren wird, hat er noch nicht abschließend entschieden.“
Sebastian Heiser hatte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihn in ein asiatisches Land abgesetzt, mit dem Deutschland kein Auslieferungsabkommen hat. Dem Prozess könnte er dort entgehen. Sollte er nicht vor Gericht erscheinen, könnte ein Richter das Verfahren mit einem Strafbefehl beenden, den Heiser jedoch nicht akzeptieren müsste. Ebenso könnte ein Richter auch einen Haftbefehl ausschreiben. Nach spätestens zehn Jahren wäre der Fall verjährt.
Im Juni dieses Jahres publizierte die taz die Ergebnisse einer eigenen aufwendigen Rekonstruktion der Ereignisse. Demnach waren mindestens 23 Personen von der offenbar privat motivierten Ausspähung betroffen, darunter 19 Frauen, die meisten von ihnen Praktikantinnen. Im Zuge dieser Recherche wurde der frühere Kollegen an seinem neuen Wohnort in Südostasien aufgespürt, er wollte sich aber nicht äußern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag