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„Keine spontane Sympathie für das jüdische Volk“

Ein Mitglied der jüdischen Gemeinde in Frankfurt, Michael Brumlik, verläßt die hessischen Grünen wegen Israel-Beschlüssen  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt a. M. (taz) — Das Mitglied der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, der Stadtverordnete Professor Michael Brumlik, hat gestern im Gespräch mit der taz seinen auf der Landesmitgliederversammlung der Grünen angekündigten Austritt aus der Partei als „unwiderruflich“ bezeichnet. Obgleich sich die rund 600 in Neu-Isenburg versammelten Grünen nach einstündiger Unterbrechung des Parteitags letzten Endes mehrheitlich doch noch dafür ausgesprochen hatten, dem Staat Israel auch deutschen „bewaffneten Schutz“ vor den irakischen Scud-Raketen zukommen zu lassen, war Brumlik von seinen Parteifreunden nicht mehr zur Rücknahme der Austrittserklärung zu bewegen.

Den von der grünen Partei „maßlos enttäuschten“ Erziehungswissenschaftler traf besonders hart, daß ausgerechnet bei den Grünen — die sich in der Vergangenheit als sensible PartnerInnen der jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik bewährt hätten — die „Selbstverständlichkeit“ der Notwendigkeit der bewaffneten Verteidigung Israels gegen einen Aggressor eine „gesinnungspazifistische Diskussion“ provozierte. Saddam Hussein habe immerhin mit der vollständigen Vernichtung des Judenstaates gedroht. Brumlik: „Ich war schockiert, als dann nach stundenlangen Debatten eine knappe Mehrheit Israel diesen Schutz vor irakischen Raketen und deutschem Giftgas verweigerte. Aber — Gott sei Dank — die Sicherheit Israels hängt nicht von den Beschlüssen grüner Parteitage ab.“

Daß die hessischen Grünen nach einstündiger Denkpause in Neu- Isenburg erneut in die Golfkriegsdebatte einstiegen und am Ende dann mit großer Mehrheit einen Antrag verabschiedeten, in dem Israel ausdrücklich ein „Recht auf Selbstverteidigung gegen den irakischen Raketenterror“ und ein „Anspruch auf Hilfe zu dessen Abwehr“ zugestanden wurde, beeindruckte Brumlik nur noch wenig. Einzig die „Angst um das Image der Partei“ habe die Grünen zur Neubewertung ihrer Position zu Israel veranlaßt, meinte Brumlik. „Da war nichts zu spüren von spontaner Sympathie für das jüdische Volk.“ Und deshalb sei der Bruch mit dieser Partei ein endgültiger, „auch wenn in Hessen diese vernünftige Position mehrheitsfähig war“.

Ob Michael Brumlik auch sein Stadtverordnetenmandat niederlegen wird, stand gestern dagegen noch nicht fest. Als „überzeugter Befürworter“ der rot-grünen Politik in der Frankfurter Mainmetropole möchte er zunächst mit seinen politischen Freunden die Konsequenzen eines solchen Schritts diskutieren.

Die hessischen Grünen waren nach dieser wundenschlagenden Golfkriegsdebatte geistig „ausgepowert“. Das in der Einladung angekündigte Hauptthema der Landesversammlung, die anstehenden Verhandlungen zur Bildung einer rot- grünen Landesregierung, war anschließend den klassischen Kontrahenten im Landesverband keine Auseinandersetzung mehr wert.

Mit überzeugenden Mehrheiten verabschiedeten die Mitglieder einen Antrag von Landtagsgruppe und Landesvorstand, wonach in Wiesbaden die Koalitionsverhandlungen mit der SPD umgehend aufgenommen werden sollen. Auch die vorgeschlagene personelle Zusammensetzung der grünen Verhandlungskommission provozierte bei den Anwesenden keinerlei Auseinandersetzung mehr.

In einem weiteren Beschluß zum „Problemfall Baltikum“ hatten die hessischen Grünen bereits zuvor den Versuch von Teilen der sowjetischen Zentralherrschaft scharf verurteilt, die Autonomiebestrebungen und Demokratiebewegungen in den baltischen Republiken mit Gewalt zu unterdrücken.

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