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Keine Sozialtarife für Strom und GasLieber dauerhaft sparen

Ärmere Haushalte leiden besonders unter den hohen Energiepreisen. Billigstrom ist eine schnelle Lösung. Aber wie wäre es statt dessen mit einem Startpaket zum Energiesparen?

Man muss ja nicht gleich den Stecker ziehen, Energiesparlampen tun's auch Bild: ap

BERLIN taz Arbeitslose sollen nach einem Vorschlag des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) dabei helfen, die Folgen explodierender Energiepreise abzumildern. "Energieberater sollten bundesweit Haushalte mit geringem Einkommen beraten und ihnen Vorschläge zum Energiesparen machen", sagte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger am Dienstag in Berlin.

Ärmere Haushalte leiden besonders unter den hohen Öl-, Stom- und Gaspreisen. Seit dem Jahr 2000 ist die jährliche Energierechnung für einen Drei-Personen-Haushalt von 1.300 auf 2.200 Euro gestiegen. Der Umweltverband schaltet sich mit dem Vorschlag in die Debatte ein, wie sich die Folgen hoher Energiekosten für ärmere Haushalte abmildern lassen."Energie zu sparen ist die bessere Antwort als Sozialtarife", sagte Weiger und widersprach damit Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Der fordert ermäßigte Sozialtarife für bedürftige Strom- und Gaskunden. "Sozialtarife entlasten die Haushalte aber nur kurzfristig", sagte Weiger. "Wir müssen den Menschen aber dabei zeigen, wie sie weniger Energie verbrauchen."

Der BUND möchte deshalb ein Modellprojekt aus Frankfurt am Main bundesweit ausbauen. Dort wurden 12 Langzeitarbeitslose seit 2006 als Energieberater geschult. Im Rahmen von Hausbesuchen haben die 1-Euro-Jobber seitdem über 400 ärmere Haushalte kostenlos beraten. Die Kunden erhalten jeweils ein Startpaket im Wert von 50 Euro, denn Hartz-IV-Haushalte haben in der Regel kein Geld für stromsparende Technik übrig. In dem kleinen Paket enthalten sind Energiesparlampen, Perlstrahler, die den Wasserverbrauch halbieren, und Stromsteckleisten mit Schalter. "Pro Jahr spart ein Haushalt damit dauerhaft Energiekosten von 100 Euro", sagte Ulrich Schäferbarthold vom Projektträger Caritas.

Mittlerweile haben 20 weitere Kommunen und Landkreise ihre Teilnahme zugesagt. "Jedes einzelne Projekt gibt etwa zehn Arbeitslosen einen Job", sagte Schäferbarthold. Um die bundesweit etwa zwei Millionen ärmeren Haushalte beim sparsamen Umgang mit Energie aufzuklären, müsse sich nun aber die Bundesregierung engagieren. "Jährlich sind 350 Millionen Euro für ein bundesweites Beratungsprogramm und die Anschaffung stromsparender Haushaltsgeräte erforderlich", sagte BUND-Chef Weiger. "Die können locker aus den Versteigerungserlösen des Emissionshandels finanziert werden."

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2 Kommentare

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  • G
    gesetzeswidrig

    Wie währe es, würden die Energieberater fest angestellt werden anstelle von Ein-Euro-"Jobs".

     

    Im Jahr 2005 wurde dargelegt, kosten diese EEJs dem Steuerzahler 1500 Euro. Würde man dieses Geld als Bruttolohn nehmen und einen ordentlichen Arbeitsvertrag, so würde derjenige rund 1000 Euro Netto bei Steuerklasse I mit nach Hause nehmen. Das sind rund 200 Euro mehr, als er durch den EEJ bekommen würde.

     

    Zumal Energieberater kein zusätzlicher Job ist. Und damit wird dem Gesetz nicht genüge getan, dass diese "Jobs" gemeinnützig und zusätzlich sein müssen.

  • GW
    Gisela Walk

    Der Bund der Energieverbraucher und die Verbraucherzentralen schlagen weitergehend vor: Einen rechtlichen Ansatzpunkt für die Durchsetzung dieses Rechts bietet in erster Linie der § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der einseitige Preisneubestimmungen nur dann für wirksam erklärt, wenn sie der „Billigkeit" entsprechen. Unter Berufung auf diese Vorschrift dürfen viele Verbraucher ihre Strom- und Gaspreise kürzen, bis der Versorger den Nachweis erbracht hat, dass seine neuen Preise tatsächlich der Billigkeit entsprechen. Wie man dabei vorgehen sollte, kann im Internet nachgelesen werden: http://www.energieverbraucher.de/seite1702.html.

     

    Grundsätzlich ist der Einsatz von 1-Euro-JobberInnen für Energieberatung abzulehnen und stattdessen echte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu fordern.