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Keine Sonne für Solarforscher

■ Solarforscher des HMI wollen nicht nur Alibi sein / Offizielle Zahlen über Solarforschung allesamt falsch

Seit sich das Hahn-Meitner-Institut (HMI) um eine ökologische Imagepflege bemüht, kommen die Solarforscher des Instituts aus dem Staunen nicht heraus. Seit einigen Monaten stellt das Institut seine Sonnenenergieexperten groß heraus

-zu groß. Denn die Zahlen, mit denen die HMI-Leitung sich schmückt, sind weit übertrieben. „Unverschämt“ findet ein Solarforscher die HMI-Angaben. „Wir wollen mehr als nur ein Aushängeschild sein“, sagt er.

Glaubt man HMI-Sprecher Robertson, dann ist jeder vierte der 300 HMI-Wissenschaftler mit der Solarenergie beschäftigt. „Hanebüchen“ findet Boris Schubert, Solarforscher und Sprecher der Vereinigung „Eurosolar“ diese Behauptung. Denn in Wahrheit zählt die Solar-Arbeitsgruppe von Professor Helmut Tributsch ganze zwölf Forscher. Der Schwerpunktbereich „Photochemische Energieumwandlung“ umfaßt zwar fünf weitere AGs, doch die beschäftigen sich mit ganz anderen Fragen: mit Geophysik, physikalisch-chemischer Grundlagenforschung oder Kunststoffkunde. Die HMI-Leitung verspricht zwar, die Solarforschung neben dem Reaktor zum zweiten Schwerpunkt auszubauen. Die Solarforscher haben von dieser Trendwende allerdings bisher noch nichts gemerkt. Nicht einmal die Stellen, die jetzt im „Photochemie-Bereich“ frei werden, besetzt das Institut mit Solarexperten.

Ähnliche Diskrepanzen zwischen offiziellen HMI-Zahlen und Institutsrealität beklagen die HMI-Solarleute, wenn es um ihre finanzielle Ausstattung geht. Etwa ein Viertel des HMI -Haushaltes von 110 Millionen Mark fließe in die Solarforschung, behauptet Sprecher Robertson. Kommentar eines Solarforschers: „Schön wär's.“ Tatsächlich verfügen die Tributsch-Leute nur über einen Bruchteil dieser Summe: über vier Millionen Mark. Sie seien daher „gezwungen“, einen „Großteil der Forschungsmittel“ von außerhalb einzuwerben, klagt Eurosolar. Von diesen Drittmitteln müssen sie überdies jährlich 600.000 Mark wieder in den zentralen HMI-Topf abgeben.

Der Etikettenschwindel der HMI-Leitung geht noch weiter. Um bessere Materialien für Sonnenzellen zu finden, bräuchten auch die Solarforscher den BER II, behauptet das Institut neuerdings. HMI-Leiter Stiller verkündete gestern, die Strukturforschung am Reaktor sei „ein wesentliches Ziel der Solarforschung“. In dasselbe Horn stieß des öfteren auch Wissenschaftsstaatssekretär Kremendahl (SPD). Kommentar eines Solarforschers: „Der Reaktor ist auf keinen Fall notwendig. Mit einer klaren Trennung wäre uns mehr geholfen.“

hmt

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