Keine Einreise für TTIP-Gegner: Unerwünscht in den USA
Washington verweigert einer deutschen Aktivistin die Einreise. Sie wollte europäische und US-TTIP-Gegner zusammenbringen.
BERLIN taz | Maritta Strasser ist nicht jemand, der gemeinhin als militante Aktivistin durchgehen würde. Die 49-jährige Frau arbeitete jahrelang in Spitzenjobs im Bundesjustizministerium, war Pressesprecherin von Herta Däubler-Gmelin (SPD). Sie war Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen im Brandenburger Landtag und engagiert sich heute bei der Kampagnenorganisation Campact. Eine gefährliche Radikale? Eher unwahrscheinlich. Und dennoch steht Maritta Strasser unter Generalverdacht. Die USA verweigern der Aktivistin die Einreise.
Das ist kein Zufall. Strasser wollte in den USA ein Bündnis mit US-AktivistInnen schmieden, um gemeinsam gegen das umstrittene Freihandelsabkommen namens TTIP zu demonstrieren, über das EU-Kommission und US-Regierung derzeit verhandeln.
Maritta Strasser betreut nicht nur derzeit die TTIP-Kampagne für Campact, sie war auch die Kampagnenverantwortliche für eine stärkere Kontrolle der Geheimdienste sowie für eine europäische Datenschutzgrundverordnung. Ihre Organisation Campact brachte über 180.000 Stimmen zusammen, die sich öffentlich für ein „Asyl für Edward Snowden“ in Deutschland aussprachen. „Ich bin bei Campact mit jenen Kampagnen beschäftigt, die die US-Interessen am deutlichsten berühren“, sagt Strasser der taz. Sie glaubt, dass sie von den Einreisebehörden wegen ihrer Arbeit ausgesiebt worden ist. „Ich habe keine Nazis in der Familie und war das letzte Mal 1983 zum Schüleraustausch in den USA. Mir fällt kein Grund ein, weshalb sie mir die Einreise verweigern könnten – außer mein politisches Engagement.“
Strasser wäre nicht die erste Unbequeme, die die USA nicht im Land haben wollen. Zumindest von außen betrachtet gibt es Parallelen zum Fall von Schriftsteller Ilija Trojanow. Er hatte mehrfach öffentlich gegen die Überwachungspraxis der NSA gewettert, als er im Herbst vergangenen Jahres nicht von Brasilien aus in die USA einreisen durfte.
„Not qualified“
Standardmäßig müssen Deutsche zur Einreise in den USA nur ein Webformular ausfüllen, es folgt dann in der Regel das Okay. Bei Strasser kam stattdessen die Ablehnung. Sie musste persönlich im US-Konsulat vorsprechen, wurde intensiv befragt – und dann erneut abgelehnt. „Not qualified.“
Warum, kann Strasser nur mutmaßen. Der Hintergrund könnte ein Treffen in Brüssel sein, das deutschen TTIP-Aktivisten Mitte März große Hoffnung gemacht hatte. Bewegungsakteure aus Europa und den USA beschlossen dabei, dass sie TTIP von zwei Kontinenten aus attackieren wollen. Unter anderem beschlossen die AktivistInnen auch, dass sie sich wiedersehen – bei der nächsten Verhandlungsrunde in Washington im Mai.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut