Kein besserer Schutz von Arbeitnehmern: Schonzeit für korrupte Chefs

Die Bundesregierung spielt auf Zeit. Vorerst wird der Schutz von Arbeitnehmern, die ihre Firma anzeigen, nicht verbessert. SPD und Grüne erarbeiten eigene Gesetzesvorlagen.

Altenpflegerin Heinisch bezichtigte den Klinikkonzern Vivantes des Betrugs. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Bundesregierung will offenbar vorerst keinen besseren Schutz von Arbeitnehmern, die Anzeige erstatten, wenn ihre Arbeitgeber gegen Gesetze verstoßen. Sogenannte Whistleblower müssen demnach auch künftig damit rechnen, für ihre Rechtschaffenheit ihren Job zu verlieren.

Die Regierung will erst eine gemeinsame Empfehlung der G-20-Staaten abwarten, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen hervorgeht. Die G 20 berät derzeit, wie Whistleblower bei Korruptionsstraftaten ihrer Arbeitgeber besser geschützt werden können.

Konstantin von Notz, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, befürchtet bei einer G-20-Empfehlung jedoch zu viele Spielräume. Unklar sei zudem, wann damit zu rechnen sei. "Wir sehen die Antwort auf unsere Anfrage als Bestätigung dafür, dass die Bundesregierung für den besseren Schutz von Whistleblowern nichts tun will", sagte Notz der taz.

Anlass der Anfrage war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Das Gericht hatte im Juli die Entlassung der Altenpflegerin Brigitte Heinisch wegen Whistleblowings als Verstoß gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung erklärt. Heinisch hatte 2004 Strafanzeige wegen Betrugs gegen ihren Arbeitgeber Vivantes erstattet und die Pflegebedingungen kritisiert. Seit Ende vergangener Woche ist das Straßburger Urteil rechtskräftig.

Mutige Arbeitnehmer müssen geschützt werden

Die gekündigte Altenpflegerin strebt nun die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Landesarbeitsgericht Berlin an. Das befand 2006 die Kündigung durch ihren Arbeitgeber als rechtens. Nach dem Urteil des Gerichtshofs für Menschenrechte im Juli hatten Oppositionspolitiker mehr Informantenschutz gefordert. "Mutige Arbeitnehmer, die in ihren Unternehmen Missstände oder kriminelle Machenschaften frühzeitig aufdecken, müssen gesetzlich besser geschützt werden", sagte Anette Kramme, Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für Arbeit und Soziales.

Bereits vor dem Straßburger Urteil hatte die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke mehr Schutz für Hinweisgeber angeregt. In einem Antrag forderte sie die Bundesregierung auf, bis Ende 2011 den Entwurf eines Schutzgesetzes für Whistleblower vorzulegen. Das Gesetz soll nicht nur Arbeitnehmer, sondern zum Beispiel auch Leiharbeiter und Berater schützen. Weiter soll es möglich werden, anonym auf Missstände aufmerksam zu machen.

Die Bundesregierung hat diesem Vorstoß durch ihre Antwort auf die Grünen-Anfrage nun vorerst eine Absage erteilt. Unterdessen erarbeitet die Opposition eigene Schutzgesetze für Hinweisgeber. Die Fraktionen von SPD und Grünen kündigten an, in den kommenden Wochen Gesetzentwürfe vorzulegen.

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