Kein Zwangsgeld für Zensus-Verweigerer: Die Frist ist abgelaufen
Der Zensus ist vorbei und Boykotteure dürfen nicht mehr mit Geldstrafen zur Auskunft gezwungen werden. Nun feiern sowohl Volkszähler als auch Protestierende.
HAMBURG taz | Zensus-Verweigerer können aufatmen. Weil die Haushaltsbefragung der Volkszählung, die zehn Prozent der deutschen Bevölkerung zur Teilnahme verpflichtet hat, seit Ende April abgeschlossen ist, können bereits verhängte Zwangsgelder nicht mehr eingetrieben und erst recht keine neuen Zwangsgelder mehr verhängt werden. Das bestätigte die Sprecherin des Bundesstatistikamts, Daniela Hartmann, der taz.
Allerdings könne sie sich nicht dafür verbürgen, dass tatsächlich alle der vielen hundert kommunalen Erhebungsstellen die Zwangsgelder nun auch wirklich sofort ad acta legen würden. Bei der Gebäudebefragung, die alle Eigentümer von Immobilien zur Auskunft verpflichtet, sieht es allerdings anders aus.
„Hier endet die Datenerhebung am 19. Juli 2012, Zwangsgelder können deshalb noch verhängt werden“, so die Sprecherin. Doch auch sie werden dann voraussichtlich am 20. Juli hinfällig.
Im mehreren sächsischen und niedersächsischen Landkreisen flatterten Zensus-Boykotteuren bereits Anfang Mai Bescheide der kommunalen Erhebungsstellen ins Haus, die verkündeten, dass „die Erhebungen inzwischen abgeschlossen“ seien, „die Festsetzung der Zwangsgelder zur Durchsetzung der Auskunftspflicht sich daher erledigt“ hätte. Das gilt nun bundesweit. „Wenn ein Zwangsgeld seinen Zweck nicht mehr erfüllen kann, ist seine Verhängung rechtswidrig“, betont Jürgen Delitz vom Statistikamt Nord, das für die Abwicklung des Zensus in Schleswig-Holstein und Hamburg zuständig ist.
Allerdings können die kommunalen Erhebungsstellen die Auskunftsunwilligen weiter mit Verwaltungsgebühren für die abgebrochene Zwangsgeldeintreibung nerven, die nach Auskunft des erhebungskritischen „Arbeitskreises Zensus“ zwischen 30 und 100 Euro pro herausgeschicktem Zwangsgeldbescheid liegen.
Kein nennenswerter Widerstand
Auch die Verfügung von Bußgeldern sei, so Daniela Hartmann vom Bundesstatitikamt, theoretisch möglich. Anders als beim Zwangsgeld können Zensus-Boykotteure aber nur einmal die mit solchen Gebühren und Strafgeldern belegt werden, deren Zahlung allerdings nicht durch eine verspätete Rücksendung der ausgefüllten Bögen umgangen werden kann.
Michael Ebeling Sprecher des Arbeitskreis Zensus begrüßt ausdrücklich „das Ende der Zwangsmaßnahmen“ für die Haushaltsbefragten: „Viele Menschen haben sich bei uns gemeldet und von ihren Nöten durch bedrückende Drohgebärden der Behörden berichtet. Es ist gut, dass diese beschämenden Handlungen nun endlich ein Ende finden“. Jetzt müsste auch bei der Gebäudebefragung die Praxis der Zwangsgeldandrohung schnell beendet werden. Dass die Verweigerer am Ende relativ ungeschoren davonkämen, sei, so Ebeling, „auch ein Ergebnis des erfolgreichen Widerstands gegen die Volkszählung“.
Doch die Statistiker bewerten den Zensus ebenfalls als großen Erfolg. Mehr als neunzig Prozent der verteilten Haushaltsbögen seien längst ausgefüllt zurück, einen nennenswerten Widerstand wie bei der letzten großen bundesdeutschen Volkszählung in den achtziger Jahren habe es nicht gegeben.
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