Kein Wort über Sexismus: Solidarität für SPD-Macker
Die SPD-Parteiführung schweigt verschämt zu frauenfeindlichen Äußerungen von Landesvorstands-Mitglied und Ortsamtsleiter Peter Nowack.
Damit sexistische Äußerungen von den eigenen GenossInnen kritisiert werden, dafür muss man in der Bremer SPD schon sehr wichtig sein. Dass Peter Nowack Ortsamtsleiter in Blumenthal ist und im SPD-Landesvorstand beisitzt, reicht anscheinend nicht. Seit Anfang Oktober läuft gegen ihn ein Disziplinarverfahren wegen frauenfeindlicher Äußerungen. Von vielen Seiten wurde er dafür gerügt. Nur die SPD schweigt.
Von Grillfesten, Currywürsten oder dem Besuch eines "Sexy Carwash" berichtet der Blumenthaler Ortsamtsleiter Nowack auf seiner Facebook-Seite regelmäßig. Anstoß aber erregte er mit einem Kommentar Mitte September: "Wer bringt das nächste Mal Kondome mit?", schrieb er unter ein Foto, auf dem er inmitten der Gymnastik-Frauen des Blumenthaler TV nach einem Turniersieg posiert.
"Das ist sexistisch und frauenfeindlich", wirft Bremens stellvertretende Frauenbeauftragte Brigitte Melinkat ihm vor. "Frauen werden zu Sexualobjekten degradiert". Außerdem habe Nowack einen Witz über die sexuelle Aktivität von "Negern" weiterverbreitet. Die Senatskanzlei leitete Anfang Oktober ein Disziplinarverfahren ein. "Ein Beamter darf nicht alles tun, was andere Menschen dürfen, auch privat nicht", sagte Senatssprecher Hermann Kleen. Mit einer Entscheidung sei nicht vor Ende November zu rechnen.
Sandra Ahrens, Vorsitzende der Frauen-Union der Bremer CDU sieht Nowacks Amt beschädigt und forderte eine öffentliche Entschuldigung. Für die Linkspartei ist Nowack als Ortsamtsleiter nicht mehr zu dulden.
Von der SPD hingegen kam nichts. "Es gibt Dinge, über die wir lieber diskutieren, als über Peter Nowack", sagte Verena Becker, Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen. Zwar müsse man nicht alles mittragen, was Nowack sage, schon gar nicht als Frau. Aber: "Beim Disziplinarverfahren ist die Sache gut aufgehoben." Außerdem könne sich ja auch der Landesvorstand äußern. Der SPD-Parteivorsitzende Andreas Bovenschulte aber war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen und Landesgeschäftsführer Roland Pahl verwies nur auf das laufende Verfahren.
Die Verwaltung ist in Bremen zwar kaum ohne SPD zu denken, das Verfahren aber bringt nur rechtliche Klarheit. Politisch setzt die SPD in Bremen stark auf Männer. Nur zwei der 17 Ortsämtern werden derzeit von Frauen geleitet, keine ist in der SPD.
Einen rassistischen Witz findet man auf Peter Nowacks Facebook-Seite nicht, wohl aber den Kondom-Kommentar. Nowack selbst sieht sich Unterstellungen ausgesetzt: "Die Vorwürfe sind falsch, bösartig und gemein. Ich bin weder ein Sexist noch ein Frauenfeind." Witze über "Neger" habe er niemals verbreitet, ein Beweisstück dazu sei manipuliert worden. Der Kommentar wiederum werde von Leuten gedeutet, die nicht dabei gewesen seien und das nicht verstehen könnten. "Jemand will mir politisch schaden und trifft damit auch den Stadtteil Blumenthal", sagte Nowack.
Mitten in der Diskussion um Nowacks Sexismus war zudem eine Dienstaufsichtsbeschwerde von Anke Krohne beim Senat eingegangen. Krohne sitzt für die Linkspartei im Blumenthaler Beirat und fühlt sich durch ständige Angriffe von Nowack in ihrer Arbeit behindert.
Denn Zurückhaltung ist nicht Peter Nowacks Art. Früher war er Konzernbetriebsrat bei der Deutschen Bahn. Seit 2010 leitet er das Ortsamt von Blumenthal. Im Stadtteil setzten viele Hoffnung in ihn, er sollte es sein, der Blumenthal wieder voranbringt, sei "ein Macher", der anpackt. Doch manchmal schon hat er beim Zupacken daneben gegriffen. Etwa, als er im Oktober die Änderung der Geschäftsordnung für den Beirat durchboxte, um die Beteiligung des neuen NPD-Beirats Sascha Humpe einzuschränken. Die Einwände der grünen und linken Beiratsmitglieder, die von den Einschränkungen ebenso betroffen sind, redete Nowack nieder. Anke Krohne blaffte er mehrfach an. In der nächsten Sitzung entschuldigte er sich. Der alte Zwist dauert an.
Nowacks Facebook-Profil ist gut gepflegt. Sogar ein Lieblingszitat hat er angegeben: "Warum Vorsatz unterstellen, wenn Dummheit als Begründung ausreicht!"
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste