Kein Visum für Künstler*innen: Kulturaustausch verhindert
Fünf Tänzer*innen aus Abidjan wurden kurzfristig die Visa für ein Treffen der Tanzszene in Hamburg verweigert. Kein Einzelfall, sagt die Intendantin.
Doch dann kommt ein oder zwei Tage vor der Ausreise der endgültige Bescheid aus der Botschaft in Abidjan: Fünf Student*innen der Tanzschule GLS_LA fabrique culturelle bekommen kein Visum. Nur der Schulleiter Franck Edmond Yao und sein Schüler Djédjé Éric Gbadie dürfen reisen – vermutlich weil beide regelmäßig in Europa arbeiten und ihren „Rückkehrwillen“ oft genug bewiesen haben.
Denn das ist einer der Punkte, der Botschaften dazu bringt, Visa zu verweigern: Die Befürchtung, die Künstler*innen könnten die Gelegenheit nutzen, in Deutschland zu bleiben.
So ist es gerade erst in Berlin passiert. Bei einem Kulturaustauschprojekt mit der Jugendtheaterwerkstatt Spandau sind fünf junge Tänzer aus Abidjan untergetaucht. Ohne Gepäck, ohne Papiere, ohne Sprachkenntnisse, wie die Berliner Zeitung berichtet. Dem Projekt haben sie damit, dass sie ihr persönliches Glück in Deutschland in die Hand genommen haben, einen nachhaltigen Schaden zugefügt.
Hohe Hürden bei der Einreise
Trotzdem, sagt Deuflhard, man wolle ja wohl kaum gleich jede Form von kulturellem Austausch mit einem Land einstellen, weil einzelne nicht zurückgekehrt seien.
Und auch Martine Dennewald vom Festival Theaterformen in Braunschweig sagt: „Wie oft kommt so etwas denn tatsächlich vor, im Verhältnis zu den hohen Zahlen an Künstler*innen, die jedes Jahr in Deutschland zu Gast sind?“ Das Festival lädt pro Jahr 15 Produktionen aus der ganzen Welt ein – abwechselnd nach Braunschweig oder Hannover.
Die Prozeduren rund um die Einreise internationaler Ensembles kosten viel Zeit und Nerven – vor allem bei bestimmten Ländern oder Kontinenten. „Afrikanische Länder oder auch China sind schwierig“, sagt Dennewald – betont aber auch gleich, dass ihre Erfahrungen kaum repräsentativ sind. Ob die Schwierigkeiten zunehmen, vermag sie nicht zu sagen – sie leite das Festival ja erst seit fünf Jahren.
Deuflhard wird da deutlicher: „Vor allem seit 2015 und der sogenannten Flüchtlingswelle ist es schwieriger geworden und natürlich betrifft das vor allem Künstler*innen vom afrikanischen Kontinent.“ Im vergangenen Jahr durfte beispielsweise ein ägyptischer Schauspieler nicht einreisen, der beim Festival XChanges hätte spielen sollen.
Was sie besonders fuchst: Davon sind, wie auch in diesem Fall, oft Projekte betroffen, die aus Bundes- und Ländermitteln gefördert werden.
Und: Der ganze Prozess erscheint oft schwer kalkulierbar und willkürlich. Etablierte Künstler haben es leichter als Newcomer, Vielreisende leichter als solche, die noch nie im Ausland waren, weniger politische Künstler leichter als politische Aktivisten.
Amelie DeuflhardKampnagel-Intendantin
Auch auf der Veranstaltungsebene spielen Kontakte und Vernetzung dann eine entscheidende Rolle: „Natürlich habe ich schon öfter um politische Interventionen durch den Kultursenator oder das Auswärtige Amt gebeten, wenn wir anders nicht weiter kamen“, sagt Deuflhard. Aber eigentlich könne es das doch nicht sein: „Kulturaustausch muss doch auf allen Ebenen stattfinden können.“
In diesem Fall sei zu spät klar geworden, dass es Probleme mit den Visa gebe. „Das hätte ich nicht gedacht, weil mir der Kontext mit 18 internationalen Schulen doch hinreichend gesichert schien.“
Auch die Teilnehmer*innen aus Tunesien hatten beim Auftakt am Montagabend von Problemen berichtet – sie hatten ihre Visa dann aber noch rechtzeitig erhalten.
Für die Teilnehmer*innen von der Elfenbeinküste ist es nun zu spät – die 7. Biennale Tanzausbildung geht nur noch bis Samstag. Auf Kampnagel werden trotzdem weiter viele Unterschriften gesammelt und Protestnoten formuliert: Dann eben fürs nächste Mal. Und um die enttäuschten Nachwuchstänzer*innen wenigstens ein bisschen Solidarität spüren zu lassen.
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