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Kein Kommentar!Authentischer denken mit Apple

„Wo sind die neuen Denker?“, fragt die Zeit auf dem Titel ihrer aktuellen Ausgabe. Daneben das gemalte Titelbild: Karl Marx, Johann Wolfgang von Goethe, Theodor W. Adorno, Hannah Arendt und: MacBook Pro – kunstvoll „in Szene gesetzt“, wie der Bildverweis verkündet.

Zugegeben, wirkungsvoller kann ein Produkt kaum „in Szene gesetzt“ werden: Hannah Arendt spielt versonnen mit dem schicken Laptop. Begeistert, vielleicht sogar ein wenig eifersüchtig, linst ihr die deutsche Denkerelite vergangener Zeiten über die Schulter. „Das Ganze gibt dem Titel etwas Authentisches“, sagt Matthias Naß, stellvertretender Chefredakteur der Zeit. „Wir wollten kein anonymes Gerät zeigen, weil wir das so attraktiver, spritziger fanden.“

Sehr attraktiv ist auch der iPod von Apple, den die Zeit in derselben Ausgabe für fleißige Abonnentenwerber auslobt. Das Ganze wirkt doch ein wenig seltsam angesichts der Tatsache, dass vor gut einem Jahr noch große Empörung in den Printmedien herrschte, als über Schleichwerbung in Vorabendserien diskutiert wurde.

Verdeckte Werbung in Zeitungen und Zeitschriften war damals kein Thema. Die Zahlen des Deutschen Presserats zeigen jedoch, dass auch hier gerne redaktionelle Inhalte und Werbung vermengt werden. Im vergangen Jahr gingen – mit 83 Fällen – fast doppelt so viele Beschwerden ein als im Vorjahr. Dies bedeutet natürlich nicht zwangsläufig, dass auch die reale Anzahl der Schleichwerbefälle in den Printmedien rasant steigt.

Die Angaben des Presserats zeigen vor allem, dass die Leser beim Thema Schleichwerbung sensibler geworden sind. Eigentlich ein weiterer Grund für die Zeit, auf den „authentischen“ MacBook-Laptop zu verzichten. „Wir haben nichts gezahlt“, sagt Georg Albrecht, Sprecher von Apple Deutschland. „Vielleicht mag der Redakteur einfach Macs und hat das deswegen gemacht.“ Der Redakteur muss Apple wirklich sehr mögen: Die Zeit malt sich ihre Markenartikel freiwillig aufs Titelbild während sonst Markenprodukte auf Pressefotos und im Fernsehen höchstens zufällig auftauchen – oder dezent verschleiert werden: die leuchtenden Äpfel der Computer werden abgeklebt.

Die Zeit hat damit keine Probleme, im Gegenteil: „Wenn Sie glauben, Apple sponsert unsere Titelzeile, dann sind Sie auf dem Holzweg“, sagt Vizechefredakteur Naß. An einen vergleichbaren Fall kann sich selbst Ella Wassink vom Deutschen Presserat nicht erinnern – doch eine offizielle Stellungnahme erfolgt nur, wenn sich tatsächlich jemand beschwert. MANFRED GÖTZKELEILA KNÜPPEL

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