Kein Geld für zweite Brücke: Finanzloch unüberbrückbar
Der Bau der neuen Kattwyk-Brücke wird aufgeschoben. Dabei gilt die Verbindung über die Süderelbe als unerlässlich für Güterzüge zum Hafen.
So rasch wird der Engpass nicht beseitigt werden. Den Neubau der Kattwyk-Brücke über die Süderelbe hat die Hafenbehörde Port Authority (HPA) gestoppt. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine parlamentarische Anfrage des grünen Abgeordneten Anjes Tjarks hervor. Danach hat der Aufsichtsrat der HPA, dessen Vorsitzender Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) ist, „die Maßnahme vorerst nicht freigegeben“ und stellt derweil „Überlegungen zum weiteren Vorgehen“ an. Da sei „Planungschaos“, kommentiert Tjarks.
Nach Einschätzung des grünen Hafenpolitikers ist der Bau einer zweiten Brücke nur für Güterzüge „nötig und politisch unumstritten“, der Planfeststellungsbeschluss liege seit Kurzem vor. „Offensichtlich fehlen der Hafenbehörde die nötigen 205 Millionen Euro, um das Projekt in den kommenden vier Jahren durchzuziehen“, vermutet Tjarks nun. Mit dieser Entscheidung werde aber „klar, dass der Hafenausbau nicht zu finanzieren ist“.
Noch Ende Januar hatte HPA-Chef Jens Meier den Bau der zweiten Brücke in der Nähe des Kohlekraftwerks Moorburg über die Süderelbe als „vordringlich“ bezeichnet. Die dortige betagte Straßen- und Bahnbrücke solle dann Autos und Radfahrer vorbehalten werden, die daneben zu errichtende neue Brücke die wachsende Zahl schwerer Güterzüge aus dem und in den Hamburger Hafen bewältigen.
Die größten Ausbauvorhaben im Hamburger Hafen - unabhängig von der Elbvertiefung - sind:
Eurogate: Die Westerweiterung des Container-Terminals am Köhlfleet soll etwa 283 Millionen Euro kosten.
Burchardkai: Eine neue Verkehrsführung an Land samt einer neuen Schleuse werden mit 104 Mio. Euro angegeben.
Tollerort: Die Einfahrt zum Vorhafen soll ausgebaut werden. Die Planfeststellung ist erfolgt, die Bauausschreibungen laufen.
Weitere Projekte: neue Retheklappbrücke, drittes Kreuzfahrtterminal, neue Köhlbrandbrücke, neuer Central-Terminal Steinwerder.
Bereits damals hatte Tjarks gefordert, die Umschlagspotenziale des Hafens „neu zu analysieren und realistisch zu bewerten“. Seit 2008 stagniert der Containerumschlag um die neun Millionen Standardcontainer (TEU) im Jahr, die Kapazitäten würden für 14 Millionen TEU reichen. Trotzdem aber würden neue Ausbaustufen geplant, die jedoch unnötig seien.
Deshalb solle die Stadt die 283 Millionen Euro teure Westerweiterung des Eurogate-Terminals stoppen, fordert Tjarks. Dessen Kapazität soll von vier auf sechs Millionen TEU erhöht werden, obwohl er aktuell mit nur 1,8 Millionen TEU gerade mal zur Hälfte ausgelastet ist.
Das Geld könnte an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden, glaubt der Grüne, denn in der Finanzplanung der HPA klafft eine Finanzierungslücke von 759 Millionen Euro. Bis 2018 sind Vorhaben für 1,83 Milliarden Euro geplant, aber nur Finanzmittel von 1,07 Milliarden Euro bereitgestellt. Die Wirtschaftsbehörde wollte das nicht kommentieren.
Unterstützung erhält Tjarks nun auch von CDU und FDP. „Die Finanzierung wichtiger Infrastrukturprojekte wie der Kattwyk-Brücke gerät ins Rutschen“, fürchtet die CDU-Wirtschaftspolitikerin Karin Prien. Deshalb sei „eine neue Diskussion über Hafenprojekte“ erforderlich. Senat, Wirtschaftsbehörde und HPA fehle „eine schlüssige Gesamtstrategie“, kritisiert FDP-Wirtschaftspolitiker Thomas-Sönke Kluth. Deshalb müsse es eine „parlamentarische Neuberatung des Hafenentwicklungsplans“ geben, so Kluth.
Dieser bis 2025 geltende Plan wurde Anfang Oktober vorigen Jahres vorgestellt – und ist, wie Tjarks höhnt, „schon Makulatur“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?