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Kein Ende der Morde in Simbabwe

Wieder ermorden militante Landbesetzer einen Farmer. Beobachter vermuten hinter den organisierten Besetzungen und der zunehmenden Gewalt gegen Simbabwes Opposition hohe Generäle im Dienst Präsident Robert Mugabes

aus Harare KORDULA DOERFLER

In Simbabwe ist erneut ein weißer Farmer von Regierungsanhängern ermordet worden. Wie der Verband der weißen Großfarmer (CFU) gestern in Harare bekannt gab, erlag der 46-jährige Alann Dunn in der Nacht zuvor in einem Krankenhaus den schweren Verletzungen, die ihm Besetzer auf seiner Farm zugefügt hatten. Er ist der dritte weiße Farmer, der seit Beginn der Farmbesetzungen von angeblichen Kriegsveteranen umgebracht wurde. Mindestens 15 Menschen sind insgesamt ums Leben gekommen. Wie die meisten weißen Farmer soll Dunn der neuen Oppositionspartei „Bewegung für einen demokratischen Wandel“ (MDC) nahe gestanden haben.

Fast 800 Farmen in Simbabwe sind mittlerweile von einem zutiefst aggressiven Mob besetzt, der in der Regel viel zu jung ist, um am 1980 beendeten Befreiungskrieg gegen Großbritannien teilgenommen haben zu können. Die Gewalt der Eindringlinge richtet sich in erster Linie gegen die schwarzen Farmarbeiter, die von der Regierungspartei Zanu-PF verdächtigt werden, der MDC nahe zu stehen. Deren Präsident Morgan Tsvangirai verurteilte die politische Gewalt gestern erneut scharf. „Das alles zielt darauf, die Opposition einzuschüchtern“, so Tsvangirai. „Es ist Teil einer Terrorkampagne, die nun schon seit drei Monaten anhält.“ Auch in der CFU ist man längst überzeugt davon, dass hinter den Landbesetzungen eine gezielte Strategie von Präsident Robert Mugabe steckt. Diesen Verdacht äußerten verschiedene Mitglieder im Gespräch mit der taz. Auf dem Land hat Mugabe noch immer die meisten Unterstützer, dort stimmten die meisten Menschen für die neue Verfassung, die der Präsident im Februar in einer Volksabstimmung durchpeitschen wollte. Kaum zufällig begannen die Farmbesetzungen, nachdem die Regierung das Referendum dennoch verloren hatte. Viele Farmer mutmaßen, dass Mugabe erst dann einen Wahltermin bekanntgeben wird, wenn die Indokrination auf dem Land sichergestellt ist. Dort werden Farmarbeiter nach Augenzeugenberichten in Umerziehungslager gesteckt.

Dass der verwahrloste Verein der Kriegsveteranen kaum in der Lage dazu sein dürfte, allein vorzugehen, steht außer Zweifel. „Die so genannten Veteranen sind extrem gut organisiert“, so Gerry Davison von der CFU. Längst wird vermutet, dass die Armee in die Besetzungen verwickelt ist, wenn nicht sogar eine aktive Rolle spielt. Berichten der wenigen unabhängigen Medien im Land zufolge soll die Regierung mindestens 2.000 Soldaten abgestellt haben, um den Nachschub zu sichern, die „Veteranen“ auszubilden und ihnen sogar Tageslöhne zu bezahlen. Außerdem soll die Armee 21.000 russische Kalaschnikows eingekauft haben, die an die Besetzer verteilt werden sollen. Das spräche dafür, dass sie langfristig zu paramilitärischen Milizen ausgebildet werden, die man später auch zu anderen Zwecken einsetzen kann. Einem südafrikanischen Pressebericht zufolge soll der Chef der Luftwaffe, General Perence Shiri, eine treibende Kraft hinter den Besetzungen sein.

Mugabe hat die gesamte simbabwische Politik in den vergangenen Jahren zunehmend militarisiert und hohe Generäle an entscheidenden Stellen in der Gesellschaft gesetzt, beispielsweise an die Spitze des Geheimdienstes, des Strafvollzuges und der staatlichen Ölgesellschaft. Andere Offiziere verdienen ein Vermögen am Krieg im Kongo. Damit kauft sich Mugabe eine Gruppe von Vertrauten, auf deren Loyalität er sonst nicht unbedingt bauen könnte. Denn auch innerhalb der Armee wächst die Ablehnung gegenüber seiner Politik. Auch Shiri kann Mugabe gefährlich werden: Der General war zu Beginn der 80er-Jahre der Chef der so genannten 5. Brigade, die Mugabe nach der Unabhängigkeit ins aufmüpfige Matabeleland im Südosten schickte und die dort schwere Menschenrechtsverletzungen beging. Nicht nur Mugabe muss fürchten, dass Chiri eines Tages über die bislang geheim gehaltenen Verbrechen dieser Zeit auspacken könnte.

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