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Kein Disput über „neues Denken“

■ DDR–Schriftstellerkongreß begann in Ost–Berlin mit Referaten von Stephan Hermlin und Hermann Kant Antrag abgelehnt, über „Neues Denken“ in der DDR zu diskutieren/ Weggang von Autoren beklagt

Berlin (taz/ap/dpa) - In Anwesenheit von DDR–Staats– und Parteichef Honecker ist gestern der 10. Schriftstellerkongreß der DDR in Ost–Berlin eröffnet wurden. An der dreitägigen Versammlung, bei der nach Einschätzung von Beobachtern der Wunsch nach mehr Offenheit in der politischen Auseinandersetzung und die Frage der staatlichen Zensur im Mittelpunkt stehen soll, nehmen 867 Delegierte aus den Schriftsteller–Bezirksverbänden teil. Auf die aktuellen Probleme im DDR–Literaturbetrieb wurde in den meisten Referaten jedoch nur in Andeutungen eingegangen. In seiner Eröffnungsrede beklagte der Schriftsteller und Vorstandsmitglied des Verbandes, Stephan Hermlin, den Weggang vieler Autoren aus der DDR. In den letzten Jahren, sagte er, habe man „auch Verluste gehabt, manche unserer Kollegen haben die DDR verlassen“. Diese Entwicklungen hingen „gewiß mit bürokratischen oder dogmatischen Behinderungen zusammen“. Einschränkend meinte Hermlin allerdings, daß die Verantwortung nicht nur auf einer Seite zu suchen sei. An die Adresse der in den Westen gegangenen Autoren richtete er den Appell, daß zu den „notwendigen Tugenden eines Schriftstellers die Verteidigung der Poesie“ gehöre. „Geduld ist die Tugend des Revolutionärs“ fügte er ein Zitat Rosa Luxemburgs hinzu. Verbandspräsident Hermann Kant ging in seinem Redebeitrag auch auf den 8. Schriftstellerkongreß 1979 ein, der für die Kulturpolitik der folgenden Jahre weitreichenden Einfluß hatte. Renommierte Autoren wie Stefan Heym oder Klaus Schlesinger wurden aus dem Verband ausgeschlossen kurz, nachdem sie Zensurpraktiken und die staatliche Kulturpolitik als Diffamierung kritischer Autoren angeprangert hatten. Kant meinte, nun müßten Ausschlüsse aus dem Verband „ja nicht für die Ewigkeit gelten“. Bei einer Aufzählung von Autoren nannte er Stefan Heym in einem Atemzug mit dem eher als angepaßt geltenden Hermlin. Gleichzeitig wies Kant westliche Kritik zurück, die sowjetischen Reformbestrebungen fänden zu wenig Beachtung in der DDR. „Wir versuchen, sie auf unser Leben anzuwenden“ und „in unsere Arbeit einzubeziehen“, erklärte er dagegen. Zur Weigerung seines Verbandes, den ehemaligen DDR– Autor Erich Loest als Gastdelegierten des bundesdeutschen Schriftstellerverbandes zu akzeptieren, äußerte sich Kant nur lapidar: Das sei ein Angebot gewesen, „das wir nur ablehnen konnten“. Wie berichtet, blieben die bundesdeutschen Schriftsteller dem Kongreß wegen der Zurückweisung Loests fern. Eine Lücke der festen Tagesordnung versuchte vergeblich der Schriftsteller Stefan Matthies zu nutzen. Er schlug vor, Themen zu diskutieren, wie „die Rolle der Literatur bei der Herausbildung des neuen Denkens in unserem Lande“ oder „Literatur und Umwelt. In seiner Begründung verwies er auf den „Propagandamechanismus“ und das wachsende Bedürfnis nach offener Information. Der größte Teil der Delegierten beteiligte sich nicht bei dieser Abstimmung zur Geschäftsordnung, jeweils nur zwei Delegierte votierten für die Anregungen Matthies.

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