■ Kaum zu glauben: Verdacht: Leukämie durch Kernforschungsanlage
KAUM ZU GLAUBEN
Verdacht: Leukämie durch Kernforschungsanlage
Im Gebiet um die Kernforschungsanlage Jülich sind in den vergangenen drei Jahren auffällig viele Kinder an Leukämie erkrankt. Im Umkreis von 15 Kilometern war nach der Statistik mit sieben Fällen der gefährlichen Blutkrankheit zu rechnen, doch tatsächlich bekamen sie 15 Kinder. Allein in der Gemeinde Niederzwier wurden drei Kinder krank.
Eine Mutter alarmierte die Wissenschaftler des Kinderkrebsregisters an der Universität Mainz. Sie bestätigten die Häufung. Mit dem Argument, die dramatische Erhöhung in diesen drei Jahren könnte Zufall sein, werteten sie jedoch zusätzlich ihre gesamten Daten aus der Gegend aus. Für die vergangenen zwölf Jahre fanden sie insgesamt keine Häufung von Fällen, die nicht auch zufällig sein könnte. Daher beurteilt Professor Jörg Michaelis vom Kinderkrebsregister die Daten als „nicht sonderlich aufregend“.
Der Marburger Nuklearmediziner Professor Horst Kuni hält diesen Schluß für „unsinnig“. Allen Experten sei klar, daß eine Atomanlage eine Leukämiewelle nur durch die unplanmäßige Freisetzung radioaktiver Stoffe verursachen könne. Deren Folgen würden sich jedoch nicht gleichmäßig über ein Duzend von Jahren verteilt zeigen. Zur Kalkulation von Michaelis meint er: „Wenn Sie über einen genügend langen Zeitraum mitteln, können Sie alles wieder wegrechnen.“ Auch eine Salmonellenepidemie im Altersheim würde statistisch verschwinden, wenn man gleich die Sterbeziffer von hundert Jahren auswertete.
Kuni verlangt, einer eventuelllen Verseuchung nachzugehen. Die Wissenschaftler könnten zu diesem Zweck die Erbsubstanz von Nachbarn der Forschungsanlage auf Strahlenschäden untersuchen. as
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen