Kaum Stiftungen für Homothemen: Ein beschränkter Horizont
Von 16.500 Stiftungen in Deutschland unterstützen gerade mal 11 schwullesbische Themen. Das belegt eine erste deutsche Studie dieser Art.
Die Menschenrechtslage von Lesben, Schwulen und Transsexuellen ist in nur einer Minderzahl der Staaten intakt. In vielen Ländern, solchen im muslimischen Raum vor allem, steht auf Homosexualität die Todesstrafe; im Osten Europas gilt Homophobie als Kern postsozialistischer Identität. Es sind solche vergröbernden Skizzen, die eine politisch fördernde Arbeit gerade in diesen Regionen der Welt nötig machen: Menschenrechtsengagement, das eine finanzielle Unterfütterung gerade aus westlichen Ländern zur Folge haben müsste.
Zwei gemeinnützige Organisationen, die Dreilinden gGmbH in Hamburg und das Forum for Active Philanthropy gGmbh in Berlin, haben eine 31-seitige Studie mit dem Titel "Regenbogen-Philanthropie! Deutsche Unterstützung für die lesbisch-schwule, bi-, trans- und intersexuelle Menschenrechtsarbeit im globalen Süden und Osten" erarbeitet, der die Frage zugrunde liegt: ob, und wenn ja, in welcher Höhe deutsche Stiftungen, private oder öffentlich-rechtliche, menschenrechtliche Arbeit von Homosexuellen fördern.
Der Befund ist niederschmetternd: Von 16.500 Stiftungen in Deutschland verwenden sich auf dem Feld der Menschenrechte Anderssexueller lediglich 11. Im Jahre 2008 haben sie, ganz überwiegend gespeist aus privaten Stiftungsquellen, 47 Projekte im östlichen Europa oder in südlichen Teilen der Welt fördern können. Ein Gros der knappen Ressourcen floss außerdem nicht in gesellschaftliche Aufklärungsarbeit oder den Aufbau von Selbsthilfeprojekten, sondern in die Hilfe für HIV-infizierte Männer.
Unter den Stiftungen, die sich überhaupt schwullesbischen Projekten gegenüber gewogen zeigten, waren, wenn auch jeweils nur mit marginalen finanziellen Zuwendungen, immerhin die politischen Stiftungen der Grünen und der Linkspartei, nicht jedoch die der Union, der Liberalen oder der SPD. Aber insgesamt gilt: Für die Menschenrechtsarbeit zugunsten Homosexueller fallen vom großen Förderlandschaftskuchen nur Krümel ab. Im akademischen Diskurs mag die Philosophin Judith Butler den Ton mit angeben, in den politischen Niederungen findet ihr Sprechen kaum Widerhall.
Es wäre ein interessanter Vergleich gewesen, wie groß die Förderungen von Frauenprojekten ausfallen - und wie intensiv sich auch staatliche Stellen an ihnen beteiligen. Zutreffend ist allerdings die Beobachtung einer lesbischen Menschenrechtsanwältin, dass sich ein Projekt feministisch drapieren muss, damit es auch gefördert wird.
Wird das Schwergewicht des Engagements auf Schwules oder Lesbisches verlegt, fehlt es an politischer Aufmerksamkeit und geldlich sich auswirkender Anteilnahme. Ise Bosch von der Dreilinden gGmbH sagt etwas verschraubt, schwullesbische Themen "sind nicht nur ein Maßstab für das Funktionieren unseres Gemeinwesens, sie bieten ganz besondere Ressourcen, Horizonterweiterungen und Wachstumsmöglichkeiten für alle". Fragt sich nur, ob homophobe Strukturen (in Russland etwa, in Saudi-Arabien, in Iran, in Bangladesch) akzeptabel sein können, wenn der Blick auf Homosexuelle nicht zur Horizonterweiterung beim Geldgeber führt.
Das Besondere an dieser Studie ist, dass sie als erste ihrer Art im deutschsprachigen Raum publiziert wurde. Im angloamerikanischen Raum gab es ähnliche Resultate bereits 2006. Der Kampf um Menschenrechte zugunsten Homosexueller fand in den Förderinstitutionen der USA, Kanadas oder Großbritanniens nur geringe Resonanz.
Ise Bosch wie auch andere schlagen deshalb eine bessere Vernetzung der unterschiedlichen Initiativen vor: So könne eine bessere Organisation von Finanziellem erst gewährleistet sein. Im Stil klassischer Antragsprosa heißt es in der Studie, es sei nötig, "dass alle staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure gemeinsam an einem Strang ziehen und besonders marginalisierte Gruppen vermehrt ins Zentrum ihrer Förderaktivitäten rücken". Denn am "Ende des Regenbogens" - dem globalen Symbol von Schwulen, Lesben, Transsexuellen u. a. - " ist ein Schatz vergraben - den gilt es endlich (…) zu finden und gezielter und breiter gefächert zu verteilen", wie der Autor der Untersuchung, der Historiker Arn Sauer, schreibt.
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