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Kaufleute wollen Maulkorb für Heck

■ Ortsamtsleiter Heck: juristische Ahnungslosigkeit

Der Streit um die Verkehrberuhigung im Ostertor/Steintor nimmt immer groteskere Formen an. Nach dem mißlungenen Versuch einiger Kaufleute, per TED-Umfrage eine Mehrheit gegen die Planungen zusammenzubringen, hat sich jetzt der Anwalt der Einwender aus der Kaufmannschaft an Friedrich van Nispen gewandt. In einem Schreiben fordert Rechtsanwalt Ernst Albert den Innensenator als Dienstherrn aller Ortsamtsleiter auf, Hucky Heck an die Kandarre zu nehmen. Heck stelle sich auf die Seite der Befürworter der Fußgängerzone, statt als Beamter „Sachwalter der Gesamtstadt in seinem Teilbereich“ zu sein. Außerdem habe er den Kaufleuten indirekt mit Boykott gedroht.

Hucky Heck hatte den Viertelkaufleuten einen Brief geschickt: Er sei „erschreckt“ über die Handelskammer, die noch immer für gegenläufige Einbahnstraßen plädiere. Die Straßenbahn bräuchte dann einen eigenen Gleiskörper, und das, so Heck, sei eine „städtebauliche Katastrophe“. Die Kaufleute sollten sich fragen, „ob tatsächlich noch Ihre Interesen durch die Handelskammer vertreten werden“. Darüberhinaus sprächen immer mehr Anwohner von Boykottmaßnahmen gegen die Geschäftsleute. Im selben Schreiben lädt Heck noch einmal zu einem klärenden Gespräch mit allen Kaufleuten aus dem Stadtteil ein. „Meine Mandanten werden selbstverständlich der einladung des Ortsamtes nicht Folge leisten“, schäumt es dem Innensenator aus dem Brief des Rechtsanwalts entgegen. Heck verhärte die Fronten, wenn er von Boykott spreche. Der Innensenator als Vorgesetzter sei „gefordert, dieser Sache nachzugehen“. Die Kaufleute wollen ihrerseits die Beiräte dazu bringen, das Verhalten des Ortsamtsleiters zu mißbilligen.

Ob der Vorstoß gegen Heck Erfolg haben wird, scheint allerdings mehr als zweifelhaft. Was der Anwalt der Kaufleute beklagt, dazu ist Heck per Gesetz verpflichtet: Partei zu sein. Im Gesetz über die Ortsämter ist festgelegt, daß die Ortsamtsleiter die Beschlüsse ihrer Beiräte umsetzen müssen, woran sich Heck in der Frage der Verkehrsberuhigung zweifellos hält. Gerade diese Regelung war bei der Novellierung des Gesetzes noch einmal verschärft worden. Gesamtstädtische Angelegenheiten sind Sache der Bürgerschaft und des Senats, nicht der Ortsämter.

Hucky Heck gab sich gestern gelassen: Er stehe nicht nur auf dem Boden der Beiratsbeschlüsse, sondern habe gleichzeitig die Beschlüsse der Bürgerschaft und die Koalituionsvereinbarungen im Rücken. Die Bürgerschaft habe 1989 das ÖPNV- Konzept verabschiedet und dabei die Umgestaltung des Viertels von den mittelfristigen in die kurzfristigen Maßnahmen genommen, außerdem sei die Fußgängerzone von der Koalition mit dem Baubeginn noch 1992 beschlossen worden. „Wenn die Klage gegen die Verkehrsberuhigung von demselben rechtlichen Wissen getragen ist, wie dieses Schreiben, dann braucht der Beirat nichts zu befürchten.“ J.G.

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