Kartoffelsorte via England zurück: Linda wieder in aller Munde
Die frühere Lieblingskartoffel der Deutschen, die aus Profitgründen vom Markt genommen worden war, darf ab sofort wieder angebaut und vermarktet werden.
BARUM/BERLIN dpa/taz | Die Kartoffelsorte Linda kommt wieder auf den Markt. Nach zweijähriger Qualitätsprüfung sei sie in Großbritannien auf der nationalen Liste zur Pflanzkartoffel erklärt worden, teilte Landwirt Karsten Ellenberg am Donnerstag in Barum (Kreis Uelzen) mit. Das mache auch den Weg für Anbau und Handel in Deutschland frei, sagte Matthias Miersch, Anwalt des Freundeskreises "Rettet Linda".
Der Lüneburger Züchtungskonzern Europlant hatte die Kartoffel Ende 2004 von der Saatgutliste streichen lassen. Offiziell wurde als Grund genannt, dass sie krankheitsanfällig sei. Landwirte und Verbraucherschützer gehen allerdings von wirtschaftlichen Gründen aus: Im Jahr 2004 war nach 30 Jahren der sogenannte Sortenschutz für Linda ausgelaufen. Dieser garantiert dem Züchter der Kartoffel das alleinige Vermarktungsrecht und damit hohe Lizenzgebühren. Um zu verhindern, dass Landwirte Linda lizenzfrei nutzen, statt neuere, lizenzpflichtige Sorten von Europlant anzubauen, hatte das Unternehmen die Zulassung für Linda vorzeitig zurückgezogen.
Seither kämft der Freundeskreis Linda, der unter anderem von Bioland, Slowfood und der Arbeitgemeinschaft bäuerlicher Landbau (AbL) unterstützt wird, um die Neuzulassung. Auch in Deutschland und Tschechien ist sie beantragt.
Josef Steinberger, Abteilungsleiter beim Bundessortenamt in Hannover, bestätigte die Auswirkung der britischen Entscheidung für den deutschen Markt: "Wenn die Sorte in England zugelassen ist, wird sie der Kommission in Brüssel gemeldet und in den europäischen Katalog aufgenommen. Das hat zur Folge, dass sie EU-weit gehandelt werden darf." Eine eigene Beurteilung komme frühestens Ende Oktober.
AbL-Geschäftsführer Georg Janßen begrüßte die Entscheidung. Der lange Atem habe sich gelohnt: "Nicht irgendwelche Züchter sollen entscheiden, was auf den Äckern gepflanzt wird und auf die Teller kommt", sagte Janßen. "Bauern sollen das anbauen können, was die Kunden nachfragen - und die wollen weiter gerne Linda essen."
Nachdem der Züchtungsbetrieb die Zulassung der gerade bei Biolandwirten beliebten Sorte zurückgenommen hatte, hatte es unter Kartoffelbauern und Linda-Liebhabern einen Sturm der Entrüstung gegeben. Linda-Anbauer schafften es, trotz eines Verfahrens vor Gericht, die Kartoffel - wenn auch in kleinen Mengen - auf dem Markt zu halten.
Nach Meinung von Landwirt Ellenberg hat der Streit um Linda verloren gegangenes Wissen um die Eigenschaften verschiedener Kartoffelsorten in Erinnerung gerufen und insgesamt der Kartoffelwirtschaft geholfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren