Karstadt-Insolvenz: Mitarbeiter sanieren mit
Für die Rettung der insolventen Kaufhauskette sind die Beschäftigten zu Einschnitten in Millionenhöhe bei Weihnachts- und Urlaubsgeld bereit. Noch 17 Kaufhäuser von Schließung bedroht.
ESSEN ap | Um möglichst viele Karstadt-Warenhäuser zu retten, wollen die Mitarbeiter auf 150 Millionen Euro in drei Jahren verzichten. Die Arbeitnehmervertreter einigten sich mit dem Insolvenzverwalter des Mutterkonzerns Arcandor am Samstag auf entsprechende Eckpunkte für den Sanierungsbeitrag der Beschäftigten.
Die Arbeitnehmer sind bereit, 75 Prozent des Weihnachts- und Urlaubsgeldes sowie der tariflichen Vorsorgeleistungen auf ein Treuhandkonto einzuzahlen, erklärte Ver.di-Sprecherin Cornelia Haß. "Damit sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, das Unternehmen aus der Insolvenz herauszuführen und so viele Standorte wie möglich zu sichern." Gegen Eingriffe in die monatlichen Löhne und Gehälter hatte sich die Gewerkschaft gesperrt. Dem Sprecher von Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg zufolge sollen die Regelungen rückwirkend ab 1. September gelten und eine Laufzeit von drei Jahren haben.
Die Ver.di-Tarifkommission muss den ausgehandelten Eckpunkten noch zustimmen. Morgen will Insolvenzverwalter Görg auf der Gläubigerversammlung in Essen seinen Sanierungsplan für Karstadt vorlegen und damit die Weichen für den Einstieg eines möglichen Investors stellen.
Wie Ver.di erläuterte, fließen die Millionen in die Liquidität des Unternehmens, "sofern bestimmte Bedingungen in punkto Standort- und Beschäftigungssicherung eingehalten werden". Wenn das Unternehmen 2012 das Insolvenzverfahren erfolgreich abschließt, werde es auch wieder Urlaubs- und Weihnachtsgeld geben, so Haß. Sollte es keinen wirksamen Insolvenzplan geben und zu einem Ausverkauf wie bei Quelle kommen, fließe das Geld vom Treuhandkonto an die Mitarbeiter zurück.
Maximal 17 Kaufhäuser statt bislang 19 sind jetzt nach Angaben des Insolvenzverwalters noch von der Schließung bedroht. Damit werde der Betrieb in mindestens 109 Filialen fortgesetzt. Wie viele Häuser am Ende geschlossen würden, hänge auch von Dienstleistern und Lieferanten ab. Gewerkschaftssprecherin Haß meinte dazu: "Wir gehen davon aus, dass letztlich deutlich weniger als 17 Häuser geschlossen werden. Wir haben jedenfalls das Unsere dafür getan."
Ver.di appellierte an die Besitzer der Karstadt-Immobilien, die Rettung des Kaufhauskonzerns "jetzt nicht durch überzogene Mietforderungen" zu gefährden. Die Zeitschrift Wirtschaftswoche berichtete unterdessen, das Immobilienkonsortium Highstreet, das zuletzt Mieteinnahmen von rund 277 Millionen Euro von Karstadt erhalten habe, sei wohl zu Zugeständnissen bereit.
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